Den üblichen Stau zwischen Duisburg und Dortmund gab es trotzdem. Allerdings tummelten sich diesmal Fußgänger und Radfahrer auf den Fahrspuren. Der Andrang war so groß, dass Auffahrten zeitweise gesperrt wurden und die Radler ihre Gefährte schieben mussten.
Stau der anderen Art
Auf der für Radfahrer und Inlineskater reservierten Fahrspur hatte es bereits rund eine Stunde nach dem offiziellen Start gegen Mittag erste Staus gegeben. Auch auf der "Tischspur" nebenan gab es schon kurz nach der Eröffnung kein Weiterkommen mehr.
Volksfeststimmung dominierte. Doch auch die Aufforderung, dabei sich und seine Anliegen zu präsentieren, stieß auf begeisterten Widerhall: Neben öffentlichen Geburtstagsfeiern zeigten sich Theatergruppen, Karnevalsvereine koexistierten friedlich mit Ethnogruppen.
Vom "Bosporuhrus" bis zu Ad-hoc-Dichtern
Auf der "Tischspur" lud etwa die Gruppe "Bosporuhrus" zu türkisch-deutschen Spezialitäten ein. Der "English Table" veranstaltete ein Picknick. Ostfriesen schenkten Tee nach ostfriesischer Art (mit viel Kandiszucker und Schlagobers) aus.
Im Abstand von wenigen Metern fand man Bienenzüchter, Taubenfreunde, die Gruppe "Yogamädels" und eine "Kinderraststätte". Ein Stück weiter gab es Bergmannschöre, Schmuckdesigner und einen Literaturstammtisch, der auf Zuruf von Worten Gedichte fabrizierte.
"Große soziale Skulptur"
Die Veranstalter der Projektgesellschaft Ruhr.2010 zeigten sich vom Zulauf, der alle Erwartungen weit übertroffen hatte, begeistert. "Es ist beeindruckend - ein wahres Volksfest. Die Kulturhauptstadt kommt an bei den Leuten", sagte der Künstlerische Direktor Dieter Gorny.
Ruhr.2010-Geschäftsführer Oliver Scheytt nannte das "Still-Leben" eine "große soziale Skulptur, die ein neues Selbstbewusstsein der Menschen prägt. Man muss sich jetzt nicht mehr entschuldigen, dass man zwischen Münster und Düsseldorf wohnt".
"Leere Straße angucken"
Schon in der Nacht waren Tausende gekommen, um die Absperrung der A40 zu beobachten. Ein Jugendlicher kam dabei gegenüber einem Reporter der Nachrichtenagentur dpa ins Sinnieren: "Das Tolle ist, wie viele Menschen hier sind, um sich eine leere Straße anzugucken."
Freundschaft ohne Grenzen
Trotz des enormen Andrangs - es kamen dreimal so viele Menschen wie erwartet - genoss offenbar auch die Polizei den Einsatz. Ein Sprecher der Exekutive verglich die Lage mit dem Wetter - beides sei "sonnig und ruhig". Von besonderen Zwischenfällen wurde nichts bekannt.
Symbolhaft für die Friedfertigkeit der Veranstaltung war ein Tisch am Rande des Treibens: Dort feierten gemeinsam die sonst verfeindeten Fans der Fußballvereine Schalke 04 und Borussia Dortmund unter dem Motto "Freundschaft ohne Grenzen".
"Auf ein Neues"?
"Es war eine fröhliche, friedliche Kulturtafel, die man so schnell nicht wiederbekommt", sagte Ruhr.2010-Chef Pleitgen. Die Feuerwehr zählte bis zum frühen Nachmittag lediglich rund 100 Einsätze, zumeist wegen leichterer Verletzungen.
Pleitgen regte eine Wiederholung der Mammutveranstaltung an. "Auf ein Neues. Lass uns das noch einmal probieren", sagte er. Angeblich wäre der Dortmunder Oberbürgermeister Ullrich Sierau (SPD) mit einem "Still-Leben" im Zweijahresrhythmus einverstanden.
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