Verfahren gegen Dutzende Winzer

Als die heimische Regierung im Sommer 1985 selbst vor dem Konsum österreichischer Weine warnte, war die Katastrophe für die Winzer nicht mehr zu ändern.
Vor 25 Jahren hat der Weinskandal die österreichische Weinwirtschaft grundlegend verändert. Das Auftauchen von mit Diethylenglykol gepantschtem Wein zunächst im Burgenland und bald auch in Niederösterreich sowie der Umstand, dass einige Winzer regelrechten "Kunstwein" produziert hatten, fügte 1985 dem Ruf der Branche schweren Schaden zu.

Ein neues Weingesetz und die Bestrafung der Schuldigen nebst Anstrengungen zur Qualitätssteigerung trugen dazu bei, das Image der Winzer wiederherzustellen. Nicht zuletzt halfen auch EU-Förderungen, dass sich etwa im Burgenland eine zunehmend industrialisierte Weinproduktion entwickelte, die sich auch auf dem internationalen Parkett behaupten kann.

Stornierung zahlreicher Bestellungen
Die Dinge nahmen im April 1985 ihren Lauf: Damals fanden Kontrolleure des Landwirtschaftsministeriums nach einer anonymen Anzeige in einigen Proben von Prädikatsweinen burgenländischer Weinfirmen Zucker und Diethylenglykol - ein Derivat des als Kühlmittel verwendeten Glykols.

Nachdem das deutsche Gesundheitsministerium im Sommer vor dem Genuss österreichischer Prädikatsweine gewarnt hatte, wurden zahlreiche Bestellungen storniert. Andere Länder folgten dem Beispiel und ließen österreichische Weine aus den Regalen entfernen.

Erste Verhaftung am 20. Juli 1985
Hierzulande wehrte man sich gegen die "Generalisierung" eines Verdachts mit dem Argument, der verfälschte Wein sei bereits aus dem Verkehr gezogen worden. Das Vertrauen der Konsumenten war jedoch dahin. Während die Erhebungen der Behörden anliefen, zog der Weinskandal jedoch immer weitere Kreise.

Am 20. Juli 1985 wurde der erste Winzer verhaftet. Dutzende weitere Personen sollten folgen. Im Oktober 1985 waren bei der Staatsanwaltschaft Eisenstadt Verfahren gegen 59 Betriebe anhängig. Darüber hinaus wurden auch in Niederösterreich und Tirol Weinpantschereien nachgewiesen.

Weinpantscher kamen vor Gericht
Die Liste der gepantschten Weine - bis Ende August 1985 waren 227.500 Hektoliter beschlagnahmt worden - verlängerte sich zusehends. Viele Winzer, die sich nicht an den illegalen Machenschaften beteiligt hatten, kamen unschuldig zum Handkuss. Weitgehend ungehört verhallten zur damaligen Zeit Meldungen über Prämierungen österreichischer Weine.

Im Jahr 1986 begann für die Akteure das juristische Nachspiel: In Eisenstadt mussten sich in mehreren "Weinpantscher-Prozessen" Winzer vor Gericht verantworten, auch in Krems fand ein großer Prozess statt. Im Juni 1986 endete das letzte größere Verfahren in Eisenstadt mit drei Schuldsprüchen.

Bis zu fünf Jahre Haft für Täter
Im selben Monat zog die Staatsanwaltschaft Bilanz: Die Anklagebehörde hatte im Zuge des Weinskandals 325 Anzeigen erstattet, die 52 Strafanträge nach sich zogen. Sie betrafen großteils Verstöße gegen das Lebensmittel- und das Weingesetz, unter anderem wegen verbotener Zusätze wie Natriumacid und Monobromessigsäure.

21 Personen wurden außerdem wegen schweren gewerbsmäßigen Betrugs oder Beteiligung daran geklagt. Für die Haupttäter setzte es unbedingte Freiheitsstrafen. Das höchste im Burgenland verhängte Strafausmaß waren fünf Jahre Haft.

Umkämpftes Weingesetz
Auch auf politischer Ebene wurden Maßnahmen getroffen: Ende August 1985 beschloss der Nationalrat das neue Weingesetz, das von manchen als "strengstes Weingesetz der Welt" bezeichnet wurde. Kritiker meinten schon bald, dass das Gesetz, das beispielsweise für jede Weinflasche eine Banderole vorsah, um Schwarzverkauf zu verhindern, zum Teil unpraktikabel sei.

Auch Bestimmungen über die Kontrolle des Lesegutes und das Führen des Kellereibuches waren darin enthalten. Ein Jahr später wurde die Banderolenpflicht zunächst gelockert und nach dem EU-Beitritt Österreichs auf Qualitätsweine reduziert.

Exporteinbrüche mehr als wettgemacht
Für Österreichs Weinexport hatte der Skandal gravierende Folgen: Im Jahr davor, 1984, wurden rund 478.500 Hektoliter Wein exportiert. Im Jahr 1986, das dem Glykolskandal folgte, gingen die Exporte auf 42.118 Hektoliter zurück. Mit der Zeit setzte jedoch eine Erholung ein. 2003 erreichte der Weinexport mit rund 800.000 Hektolitern eine Rekordmarke.

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