Mehr als 5.000 Werke erworben
Insgesamt konnte Leopold mehr als 5.000 Kunstwerke erwerben, darunter Gemälde aus dem 19. Jahrhundert, Jugendstilgegenstände und moderne Kunst. Bei der Auswahl der Werke ließ er sich von seinen subjektiven Gefühlen und Stimmungen leiten. Die weltweit größte Schiele-Kollektion findet man im Leopold Museum.
Sammlertrieb schon in jungen Jahren
Leopold wurde am 1. März 1925 in Wien geboren, wo er 1943 maturierte und nach dem Krieg Medizin studierte. Er wurde 1953 promoviert und spezialisierte sich anschließend auf die Augenheilkunde. Schon während seines Medizinstudiums nahm Leopold auch ein Studium der Kunstgeschichte auf und begann ab 1947 Bilder und Kunstobjekte zu sammeln.
Ein Gemälde von Friedrich Gauermann war die erste Erwerbung, deren Kaufpreis der Student mit Nachhilfestunden finanzierte. Das Aufnehmen von Krediten, das Tauschen von Kunstwerken, der finanzielle Balanceakt haben Leopold sein ganzes Leben begleitet.
Klimt, Kokoschka, Loos
Zum modernen Teil der Sammlung Leopold zählen auch berühmte Gemälde von Gustav Klimt und Oskar Kokoschka. Jugenstilgegenstände von Otto Wagner und Adolf Loos komplettieren die Sammlung.
Zu Beginn waren es die Alten Meister und die Kunst des 19. Jahrhunderts, die ihn interessierten, bis ihm 1950 der Oeuvre-Katalog Egon Schiele von Kalir-Nierenstein in die Hände fiel. Ein "Damaskuserlebnis", das den weiteren Weg des Sammlers zum kompetentesten Schiele-Experten bestimmte. Dabei kümmerte ihn wenig das damals abschätzige Urteil der Fachwelt.
Schiele-Bild um 150 Schilling gekauft
1955 stellte Leopold für eine Ausstellung moderner österreichischer Kunst im Stedelijk Museum in Amsterdam eine Auswahl der Werke Schieles zusammen, die große internationale Resonanz brachte und eine Trendwende in der internationalen Rezeption des Künstlers einleitete. In den 1950er Jahren kaufte Leopold nach eigenen Angaben ein Schiele-Bild um 150 Schilling.
Eine Reihe weiterer Ausstellungen sowie wissenschaftliche Arbeiten wie die Erarbeitung einer großen Monografie begründeten den Ruf der Sammlung Leopold als "Schatzkammer des 20. Jahrhunderts" (Erhard Busek).
In dieser sind neben der weltweit wichtigsten Schiele-Kollektion auch signifikante Arbeiten von Klimt und Kokoschka sowie bedeutende Werkblöcke von Albin Egger-Lienz, Richard Gerstl und Alfred Kubin zu finden.
Krimi um Bestandsaufnahme
Die genaue Bestandsaufnahme und Schätzung seiner Kollektion wurde Mitte der 90er Jahre zum mit Spannung verfolgten Krimi.
Auf unvorstellbare 7,9 Milliarden Schilling (574 Mio. Euro) wurde schließlich seine über 5.000 Objekte umfassende Sammlung geschätzt, insgesamt 2,2 Milliarden Schilling (160 Mio. Euro) hatten die Republik Österreich und die Oesterreichische Nationalbank dafür bis 2007 in Ratenzahlungen zu überweisen.
Das von Ortner & Ortner im MuseumsQuartier errichtete und 2001 eröffnete Leopold Museum sorgte seither allerdings ununterbrochen für Kontroversen: Als Privatstiftung nicht vom Restitutionsgesetz erfasst, geriet die Sammlung immer wieder unter Anklage von Erbengruppe, die etwa Schieles "Häuser am Meer" zurückverlangen.
Stiftung Leopold 1994 gegründet
1994 gründete Leopold mit der Republik Österreich die Stiftung Leopold. Der Wert der Sammlung wurde bereits damals auf 575 Millionen Euro geschätzt. Die Kunstschätze werden seit 2001 im Leopold Museum gezeigt. Bis zur Eröffnung lebten Leopold und seine Familie zwischen den Bildern. Bis zu seinem Tod war er Direktor.
Umstrittene Teile der Sammlung
Aus den Schlagzeilen kam Leopold in den vergangenen Jahren vor allem wegen der strittigen Provenienz von Teilen seiner Sammlung nicht heraus - derzeit wird sie von Forschern untersucht, die ihm persönlich wichtigste Entscheidung sollte der einstige Augenarzt mit dem sicheren Sammlerblick allerdings nicht mehr erleben: das Schicksal des seit einem Jahrzehnt beschlagnahmten "Bildnis Wally", das er bis zuletzt gegen eine Vergleichszahlung aus den USA zurückzuholen versuchte.
Es wurde 1998 gemeinsam mit "Tote Stadt III" unmittelbar nach der großen Ausstellung "Egon Schiele: The Leopold Collection, Vienna" im Museum of Modern Art (MoMA) in New York als "Diebsgut" beschlagnahmt.
Dem ging ein Artikel in der "New York Times" voran, der von Bildern der Sammlung "mit schwieriger Vergangenheit" sprach und sich auf Angaben von Vorbesitzern berief. Während "Tote Stadt III" im Jahr darauf in den Besitz des Leopold Museums zurückging, blieb "Bildnis Wally" in New York in Verwahrung.
Leopold strebte Vergleich an
Erst Anfang Februar waren die Dossiers der unabhängigen Provenienzforscher, die im vergangenen Jahr die Herkunft von 23 Kunstwerken im Leopold Museum untersuchten, veröffentlicht worden. Leopold strebte jedoch stets einen Vergleich statt einer Rückgabe an.
Sollte die Stiftung nun nach Leopolds Ableben beschließen, in Bundeseigentum überzugehen, wäre allerdings das Restitutionsgesetz auf die Sammlung anzuwenden. Der nun aus drei "Leopold"-Vorstandsmitgliedern und vier Bundesvorstandsmitgliedern bestehende Stiftungsvorstand wurde für Mittwochvormittag einberufen.
Sammelleidenschaft bis zum Tod
Ob es einen Punkt gebe, an dem seine Sammlung komplett sei, fragte die Tageszeitung "Kurier" Rudolf Leopold einmal in einem Interview. "Bei mir nicht", antwortete der leidenschaftliche Kunstsammler.
Am Mittwoch wird im Leopold Museum ein Kondolenzbuch aufgelegt. Der Eintritt wird an diesem Tag frei sein.
TV-Hinweis
ORF2 zeigt am Sonntag in der Matinee um 10.35 Uhr eine Dokumentation über den leidenschaftlichen Kunstsammler.
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