Meinungsänderung bei der WAZ

Neuer geschäftsführender Chefredakteur für die "Krone" könnte kommen.
Nach dem Tod Hans Dichands überlegt die deutsche WAZ-Verlagsgruppe die Installation eines geschäftsführenden Chefredakteurs in der "Kronen Zeitung". Das sagte WAZ-Geschäftsführer Christian Nienhaus am Freitag im Gespräch mit der APA.

Die WAZ wäre auch bereit, die Anteile der Familie Dichand zu übernehmen, wie er sagte. Ein Ausstieg sei, wie schon vor Pfingsten betont, kein Thema für die WAZ. Unterdessen hat die WAZ bereits im Frühjahr wieder einen Geschäftsführer in der "Krone" eingesetzt.

Verkauf für WAZ vom Tisch
Gegenüber Ö1 bestätigte auch WAZ-Chef Bodo Hombach das grundsätzliche Interesse, die "Kronen Zeitung" zur Gänze zu übernehmen. Das sei aber eine verfrühte Spekulation, so Hombach, denn er habe von einem Angebot der Familie Dichand nichts gehört.

Gespräche darüber würde er "gar nicht ausschließen", vor allem dann, wenn das zu Preisen und Konditionen sei, die man der WAZ seinerzeit für deren Anteile angeboten habe. Über einen Verkauf der eigenen "Krone"-Anteile denke man jetzt jedenfalls nicht mehr nach, so Hombach - mehr dazu in oe1.ORF.at.

Jede Menge Spekulationen
Im Vorjahr hatte die WAZ die "Krone"-Anteile verkaufen wollen, nachdem sie 2008 von der Zeitungskrise voll erfasst worden war und ein drastisches Sparprogramm durchführen musste. Bis zum vergangenen Monat war spekuliert worden, dass die "Krone", etwa mit Hilfe von Raiffeisen, den WAZ-Anteil kaufen könnte.

Das wiederum hätte eine völlige Neuordnung des heimischen Medienmarkts bedeuten können. Die "Presse" spekulierte, dass in einem solchen Fall das Raiffeisen-Engagement bei der Tageszeitung "Österreich" auf der Kippe stehen würde. Jedenfalls wurde kolportiert, dass bei einer Neuordnung des Zeitungsmarkts auch der Styria Verlag, die Tiroler Moser Holding und Wolfgang Fellner mit "Österreich" nicht untätig zusehen würden - und dann wären fast alle Konstellationen möglich.

"Unbemerkt" Geschäftsführer eingesetzt
Dass die WAZ nun noch mehr Anteile an der "Krone" kaufen will und, wie der "Standard" schreibt, sogar ihr Engagement beim "Kurier" ausbauen könnte, kommt überraschend. Denn es ist nicht klar, ob sie finanziell schon wieder gut genug aufgestellt ist. Zwar zieht sich die WAZ derzeit aus Serbien zurück, ein taktisches Manöver schließen Kenner der Branche nicht völlig aus.

Dagegen spricht, dass die WAZ ihren Justiziar Axel Kroll vor mehreren Wochen als weiteren Geschäftsführer der "Krone" eingesetzt hat. Gemeinsam mit dem für die Familie Dichand agierenden Wolfgang Altermann sei er nun als Geschäftsführer für die Zeitung tätig, so Nienhaus. In der österreichischen Öffentlichkeit sei das "nicht aufgefallen".

Lob für Dichand
"Das entspricht der neuen vertraglichen Situation, dass die WAZ und die Familie Dichand jeweils einen Geschäftsführer entsenden dürfen", sagte Nienhaus. Hans Dichand hatte bis zu seinem Tod die Position des allein vertretungsberechtigten Geschäftsführers inne, eine Position, die nicht vererbbar war.

Nienhaus betonte, dass man "die Lebensleistung von Hans Dichand, der ein herausragender Journalist war", würdige. Mit dem Aufbau der "Kronen Zeitung" zur gemessen an der Einwohnerzahl stärksten Zeitung der Welt habe er Großes geleistet.

Was ist die halbe "Krone" wert?
Sollte die Familie Dichand sich nicht über die Nachfolge und die finanziellen Bedingungen des Erbes einig werden, stünde die WAZ auch als Käufer der Anteile bereit, wie Nienhaus betonte. Einen Kaufpreis nannte er nicht, allerdings werde man als Basis jene Vorschläge zugrunde legen, die Dichand senior in der Vergangenheit unterbreitet habe.

Kolportiert wurden dabei stets 130 bis 150 Mio. Euro. Demgegenüber habe die WAZ 200 Mio. Euro für ihre Anteile gefordert. Nienhaus gab zu den Zahlen keine Stellungnahme ab. Ein konkretes Angebot sei jedoch nie gelegt worden.

Zweiter Chefredakteur?
Nienhaus sieht auf Geschäftsführungsebene aktuell keinen Handlungsbedarf in der "Krone" für seine Verlagsgruppe. Man überlege lediglich, nach dem Tod der journalistischen Überfigur Dichand wieder einen geschäftsführenden Chefredakteur zu berufen.

Das ist eine Position, die die WAZ vorerst nicht besetzt hatte, nachdem Dichand seinen langjährigen Wegbegleiter Michael Kuhn 2006 im Streit von dort entfernt hatte. Die WAZ protestierte damals und brachte den Fall vor ein Schweizer Schiedsgericht, wo er immer noch liegt.

Sollte man erneut einen Chefredakteur entsenden, werde man "mit hoher Wahrscheinlichkeit" einen Österreicher berufen, sagte Nienhaus. Ob dieser gleichberechtigt mit dem amtierenden Chefredakteur Christoph Dichand wäre, müsse man sich im Detail ansehen.

Chance für Hans Mahr?
Chancen werden von der "Presse" auch dem ehemaligen RTL-Chefredakteur Hans Mahr eingeräumt. Er war einst Politikchef des Kleinformats und ist heute Vorstand beim Münchner Pay-TV-Sender Sky. Mahr war nach dem Tod Dichands sofort nach Wien gereist, um "ein bisschen mitzutrauern", wie ihn die "Presse" zitierte.

Spekulationen über Eva Dichand
Ein möglicher Wechsel in der Geschäftsführung vonseiten der Familie - kolportiert wurde in der Vergangenheit immer wieder ein geplantes Engagement von "Heute"-Chefin Eva Dichand - ist Nienhaus nicht bekannt, wie er betonte. "Was bei der Familie Dichand passiert, wissen wir nicht." Bei der Besetzung des Geschäftsführerpostens habe die WAZ aber ein Ablehnungsrecht, "wenn es berechtigte Gründe gibt".

Die "Krone"-Geschäftsführung ist dem Vernehmen nach aber nicht die einzige Position im "Krone"-Imperium, für die Eva Dichand infrage kommen könnte. Kolportiert wurde auch ein anderes Szenario, wonach Eva Dichand in die Mediaprint entsendet werden könnte. Dort soll sie sich um das Anzeigengeschäft kümmern.

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