Erfolgsreichster Blattmacher Österreichs

Dichand hatte Zügel bis zuletzt fest in der Hand.
Hans Dichand, einer der größten Zeitungsmacher der österreichischen Nachkriegszeit, ist tot. Er verstarb am Donnerstag 89-jährig in Wien. 1959 holte er die von den Nationalsozialisten eingestellte "Kronen Zeitung" aus der Versenkung und hauchte dem Blatt neues Leben ein.

"Dichand starb am späten Vormittag im Krankenhaus. Die Familie war am Donnerstag an das Krankenbett geeilt", vermeldete die APA.

Dichand galt als der erfolgsreichste, aber auch umstrittenste Blattmacher des Landes, der nicht nur die auflagenstärkste Zeitung Österreichs, sondern auch die heimische Politik über weite Strecken fest im Griff hat.

Start einer Erfolgsgeschichte
Dichand, zuvor Chefredakteur des "Kurier", erwarb die Titelrechte der "Illustrierten Kronen-Zeitung", die er als "Neue Kronen Zeitung" auferstehen ließ. Finanzielle Starthilfe leistete ihm der damalige Vizepräsident des Gewerkschaftsbunds (ÖGB), Franz Olah.

Er war es auch, der Dichand Kurt Falk als Geschäftsführer und Partner ans Herz legte. Nach andauernden Unstimmigkeiten mit Dichand stieg Falk im Jahr 1987 gänzlich aus der "Krone" aus, gab seine Anteile an die deutsche Verlagsgruppe WAZ ab und gründete "Täglich Alles".

Streit mit deutscher WAZ
1988 tat sich die "Krone" mit dem "Kurier", an dem sich die WAZ ebenfalls mit rund 49 Prozent beteiligt hatte, zu einem bis heute marktbeherrschenden Konzern, der Mediaprint, zusammen. Bis Ende der 1990er Jahre verlief die Kooperation zwischen Dichand, der WAZ und "Kurier"-Mehrheitseigentümer Raiffeisen im Rahmen der Mediaprint äußerst erfolgreich.

Mit zunehmenden Reibereien eskalierte schließlich der Konflikt. Es folgten etliche Termine vor österreichischen und internationalen Richtern und Schiedsgerichten, die den Zank nur noch fester zementierten.

Trennungen könnten anstehen
Erst 2007 kam es zur Entspannung: Die Friedensbemühungen zeigten erste Erfolge, als sich Familie Dichand und WAZ Ende 2008 gemeinsam für die Übernahme des von Dichands Schwiegertochter Eva gegründeten "Live" entschieden.

Völlige Ruhe kehrte aber nicht ein. Von einer "Scheidung" von "Krone" und "Kurier" ist derzeit die Rede, kolportiert wird auch immer wieder, dass sich die "Krone" mit Hilfe von Raiffeisen demnächst von der WAZ freikaufen könnte.

Dichand gab bis zuletzt Richtung vor
Trotz diverser Streitigkeiten mit dem deutschen Mitbesitzer hielt Dichand das Ruder in der "Kronen Zeitung" fest in seiner Hand. Redaktionell gab er die Marschrichtung vor und betrieb etwa unter den Pseudonymen Cato und Aurelius mediale Feldzüge gegen Politiker und Politik.

Bekannt und umstritten war und ist die "Krone" für ihre Kampagnen und die eindeutigen Standpunkte zu Politkern und politischen Themen - mit überschwänglicher Positivberichterstattung oder beinharten Abrechnungen.

Mit Freunden zerstritten
Auch intern blieb es in der Krone nie ganz friktionsfrei. Nach Falk, der 2005 starb, kamen Dichand im Laufe der Jahre weitere treue Freunde abhanden: Mit Friedrich "Bibi" Dragon, langjähriger geschäftsführender Chefredakteur, verkehrte er seit 2001 hauptsächlich vor Gericht.

Mit dem umstrittenen Richard "Staberl" Nimmerrichter gab es zwar bis zu dessen Ruhestand 2001 keine Konflikte, im Nachhinein zeigte sich Dichand aber nicht restlos zufrieden mit dem Kommentator "Ich habe 'Staberl' immer vorgeworfen: Du bist ein Haider-Journalist, der von uns bezahlt wird."

Dichand verstand Kritik nicht
Kritiker und Intellektuelle warfen der "Krone" immer wieder vor, mit niederen Instinkten zu spielen und ausländerfeindliche und antisemitische Ressentiments zu verbreiten. Mit dieser Kritik konnte Dichand nichts anfangen, wie er in einigen seiner seltenen Interviews sagte.

"Weil ich mir nicht vorstellen kann, dass man mir vorwerfen kann, mit niedrigen Instinkten zu spielen." Und "gegen Minderheiten haben wir nie etwas gehabt. Meine Mutter kommt aus Böhmen. Ich bin weder Rassist noch gegen Ausländer. Ich bin nur dagegen, dass man so einen Humanitätsdilettantismus pflegt, der die Steuerzahler belastet, weil man Sozialschmarotzer und Kriminelle stützt", so Dichand.

"Purer Neid"
Kritiker, die der Zeitung zu großen Einfluss auf die Politik und das Land vorwarfen, entgegnete Dichand, das sei alles purer Neid: "In einem Land, in dem der Erfolg zu den unverzeihlichen Dingen zählt, ist das eigentlich ganz natürlich. Wir können damit gut leben."

Die "Kronen Zeitung" ist Österreichs meistgelesene Zeitung. Lag sie Mitte der 1960er Jahre noch unter fünf Prozent Reichweite, so stieg sie im Laufe der Jahrzehnte in einsame Reichweitenhöhen. Laut den jüngsten Daten der Media-Analyse kommt das Blatt auf eine Reichweite von 40,4 Prozent. Im internationalen Vergleich gehört das Kleinformat damit gemessen an der Einwohnerzahl zu den weltweit reichweitenstärksten Zeitungen.

Riesige Kunstsammlung
Dichand hinterlässt drei Kinder - "Krone"-Chefredakteur Christoph, Michael, Johanna - und ist mehrfacher Großvater. Der Millionär war darüber hinaus einer der bedeutendsten Kunstsammler Österreichs und besaß Werke von Schiele, Klimt und Kubin - mehr dazu in oesterreich.ORF.at.

Dichand bewohnte eine großzügige, von Stararchitekt Wilhelm Holzbauer geplante Villa im Wiener Kaasgraben in Döbling. Daneben unterhielt er Feriensitze am Attersee, in Lech am Arlberg und an der sardischen Costa Smeralda.

Journalist als Kindheitstraum
In seiner Freizeit segelte Dichand gerne auf dem Attersee, um "mit der Natur allein zu sein", wie er sagte.

Zeitung machen wollte Hans Dichand seit seinem zwölften Lebensjahr. Es begann mit der Lektüre von Erwin Rosens Buch "Deutscher Lausbub in Amerika": "In diesem Buch schleicht sich ein Bub mit 14 Jahren in Hamburg auf ein Schiff und fährt als blinder Passagier nach Amerika. Dort wird er Zeitungsausträger und später ein berühmter Journalist. Er war immer ein Vorbild", so Dichand.

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