Von der Musikerin zur Schriftstellerin

Jelineks kritische Auseinandersetzung mit den Themen Sexualität, Gewalt und Macht.
Nobelpreisträgerin Elfriede Jelinek wurde - wiewohl Tochter eines in Wien lebenden Ehepaares - am 20. Oktober 1946 in Mürzzuschlag in der Steiermark geboren. Ihre "ungemein leistungsbezogene" Mutter habe sie zum Wunderkind "dressieren" wollen, sagte Jelinek einmal.

Mit sechs Jahren begann sie ihren Klavierunterricht und übte schon bald an einem eigens angeschafften Steinway-Flügel. Auch ins einsam gelegene steirische Haus trugen die Bauern ein Klavier. Mit 13 wurde sie jüngste Schülerin in der Musikhochschule und begann ein Orgelstudium. Später lernte sie auch Bratsche und Gitarre, mit 16 auch noch Komposition.

"Die Klavierspielerin"
Nach der Matura, die sie an einer Klosterschule ablegte, studierte sie am Wiener Konservatorium Klavier und Komposition, belegte daneben aber auch Sprachen, Theaterwissenschaft und Kunstgeschichte.

Aus der für sie von der dominanten Mutter Ilona Jelinek, die möglicherweise in "Die Klavierspielerin" verewigt wurde, geplanten Musikerinnenkarriere wurde dennoch nichts, Elfriede Jelinek wurde Autorin. Noch als Studentin veröffentlichte sie 1967 ihren ersten Gedichtband "Lisas Schatten".

"Wir sind lockvögel, baby"
Sowohl ihr Romandebüt "wir sind lockvögel, baby" (1970) als auch die Romane "Die Ausgesperrten" (1980) und "Die Klavierspielerin" (1983) begeisterten die Kritiker, stießen jedoch in gleichem Maße auf heftigen Widerstand.

In ihrer literarischen Arbeit übt Jelinek immer wieder scharfe Kritik an der Männer- und Klassengesellschaft und setzt sich kritisch mit den Themen Sexualität, Gewalt und Macht auseinander. Aufsehen, Neugier und Widerspruch erregte besonders der Roman "Lust" (1989).

Als ihr Opus magnum bezeichnet sie selbst "Die Kinder der Toten" (1995). Im Jahr 2000 erschien "Gier", ein vieldeutiger Kriminalroman aus der österreichischen Provinz.

Gefeierte Werke
"Was geschah, nachdem Nora ihren Mann verlassen hatte oder Stützen der Gesellschaft" war 1979 das erste Theaterstück Jelineks. Es folgten "Clara S." (1982), "Burgtheater" (1985), "Krankheit oder Moderne Frauen" (1987) und "Wolken. Heim" (1988), eine Montage aus Texten von Hölderlin, Kleist, Fichte, Hegel, Heidegger und Auszügen aus Briefen der RAF-Häftlinge.

Um Fremdenfeindlichkeit, Heimat und Intoleranz gegenüber anderen ging es auch in ihrem szenischen Essay "Totenauberg" (1992), der ebenso wie "Raststätte oder Sie machen's alle" (1994), "Stecken, Stab und Stangl" (1996) und "Ein Sportstück" (1998) am Burgtheater uraufgeführt wurde.

"Er nicht als er"
Zunehmend wurde Jelinek mit ihrer Verweigerung von klassischer Dramaturgie und der Entwicklung von monologartigen Textflächen zur Herausforderung der Theater, die Regisseure - im angenehmen Bewusstsein, von Jelinek dafür freie Hand zu bekommen - auch mit immer größerer Begeisterung annahmen.

Ihre Robert-Walser-Hommage "er nicht als er" wurde 1998 bei den Salzburger Festspielen zu einem Erfolg bei Kritik und Publikum. Der Haider-Monolog "Ein Lebewohl" kam im Jahr 2000 am Berliner Ensemble heraus.

Inszenierung von Schlingensief
2003 brachten am Akademietheater Nicolas Stemann "Das Werk", am Burgtheater Christoph Schlingensief "Bambiland" zur Uraufführung. Es folgten "Prinzessinnendramen" (die auch als mehrteilige Reihe "Der Tod und das Mädchen" firmierten) mit Frauenschicksalen zwischen Schneewittchen, Dornröschen, Jackie Onassis und Ingeborg Bachmann.

Im März 2005 inszenierte Stemann im Akademietheater die Uraufführung von "Babel", nach "Bambiland" die zweite Auseinandersetzung Jelineks mit dem Irak-Krieg und seiner medialen Vermittlung und Verwertung als Bad in Blut und Bildern. Kurz zuvor hatte Falk Richter "Ernst ist das Leben", Jelineks Fassung von Oscar Wildes "Bunbury", uraufgeführt.

"Rechnitz"
"Ulrike Maria Stuart" stellt Ulrike Meinhof und Gudrun Ensslin ins Zentrum des Stücks, bezieht sich aber auch auf Maria Stuart und Elisabeth von England. "Und es geht um Macht, konkret weibliche Macht. Während die Königinnen von Geblüt diese besitzen, benötigen die RAFlerinnen Gewalt, um sie zu erringen", hieß es in einer Ankündigung des Hamburger Thalia Theaters.

2008 erschien Jelineks "Neid" nur auf ihrer Homepage, die von der Autorin regelmäßig erweitert wird. 2008 wurde Jelineks "Rechnitz" über ein Massaker an Juden an den Münchner Kammerspielen uraufgeführt, das nun als Gastspiel bei den Wiener Festwochen zu sehen ist.

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