Größere Unterschiede zwischen den Geschlechtern gibt es in der Altersgruppe der 25- bis 29-Jährigen. Während laut Statistik Austria ein Drittel (34,5 Prozent) der Söhne noch immer unter dem elterlichen Dach verweilt, sind es nur noch 18,3 Prozent der Töchter.
Frauen haben früher eigene Familie
Ausschlaggebend für diese Entwicklung ist unter anderem, dass Frauen früher in festen Partnerschaften sind und eine eigene Familie gründen. So sind bereits mehr als die Hälfte der Frauen zwischen 25 und 29 Jahren in einer festen Beziehung oder verheiratet. Im Gegensatz dazu binden sich die Männer in diesem Alter mit 38,4 Prozent weniger gern.
"Kein starkes Autoritätsverhältnis mehr"
Ein weiterer Grund für den späten Auszug aus dem Elternhaus ist die Beziehung zwischen Eltern und Kindern, die sich in den vergangenen Jahrzehnten gewandelt hat. "Es gibt kein starkes Autoritätsverhältnis mehr. Kinder fühlen sich viel wohler und verspüren nicht mehr den Drang, dem Zuhause entweichen zu müssen", sagte Christine Geserick, Soziologin am Institut für Familienforschung (ÖIF) der Universität Wien.
Die emotionale Abkopplung erfolge zwar wie in früheren Zeiten in einem niedrigeren Alter, die ökonomische Selbstständigkeit lasse aber immer länger auf sich warten.
Finanzielle Vorteile als Motiv
Deshalb seien es auch vielmehr finanzielle Erleichterungen, die im Vordergrund stehen. Viele Österreicher sehen wegen einer langen Ausbildung und schlechter Bezahlung im Job keinen anderen Ausweg, als weiterhin im Elternhaus zu bleiben.
"Die Statuspassagen haben sich verschoben. Die Übergänge vom Jugendlichen zum Erwachsenen und somit auch von der Ausbildung zur finanziellen Unabhängigkeit sind heutzutage viel später", erklärte Geserick im APA-Gespräch.
"Boomerang": Nach Studium wieder zu Eltern
Ein neues Phänomen ist die "Boomerang-Generation". Diese Kinder studieren, ziehen aus und bekommen ein längeres Praktikum, das dann nach einem Jahr nicht verlängert wird, finden keinen Job und ziehen deshalb notgedrungen wieder bei den Eltern ein.
"Man muss unterscheiden zwischen denjenigen, die den Absprung gar nicht schaffen, und denjenigen, die aus ökonomischer Unsicherheit wieder zurückkehren", sagte Geserick.
So schlafen auch noch rund 13 Prozent der 30- bis 39-jährigen Männer im Kinderzimmer. Bei den Frauen sind es nur noch knapp über vier Prozent.
Wenige Vorteile von Auszug erwartet
Eine Befragung unter Personen, die noch zu Hause wohnen, ergab, dass sie sich von einem Auszug keine große Verbesserung in den Bereichen Autonomie, Sexualleben und Lebensfreude erwarten würden.
Allerdings gaben 59 Prozent an, dass sie eine schlechtere bis viel schlechtere finanzielle Situation befürchten würden. "Die emotionalen Vorteile können die finanzielle Verschlechterung oftmals nicht aufwiegen", so Geserick.
Slowenen, Slowaken und Bulgaren "Nesthocker"
Im europäischen Vergleich liegt Österreich im Mittelfeld. Zwar haftet Männern in Italien der Ruf an, die "Nesthocker" schlechthin zu sein, doch länger als sie leben Slowenen, Slowaken und Bulgaren im elterlichen Haushalt. Männer aus diesen drei Ländern sind beim Verlassen des Elternhauses im Durchschnitt 31,5 Jahre alt, wie aus einer EU-Statistik von Eurostat hervorgeht.
Erst knapp dahinter folgen Italiens Junggesellen, die mit einem Durchschnittsalter von über 30 das "Hotel Mama" verlassen. Unter den Frauen erwiesen sich Slowakinnen als die "Nesthocker" in der EU. Sie bleiben im Schnitt bis 29,8 Jahre im elterlichen Haushalt.
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