Das liegt einerseits daran, dass der Ölkonzern BP Journalisten nur ungern an die Strände lässt. Andererseits wurde der Ölteppich erstmals bereits weit draußen auf dem Meer bekämpft. Doch die Folgen könnten weiter gehen als bisher angenommen.
Bis zu 145 Mio. Liter Öl im Meer
Fast 40 Tage nach der Explosion der Bohrinsel "Deepwater Horizon" haben zwei Expertenteams ihre ersten Schätzungen zum Ölaustritt präsentiert. Und die Zahlen übersteigen alle bisherigen Schätzungen um ein Vielfaches.
Anhand der derzeit vorliegenden Datenlage sind bereits mindestens 68 Millionen Liter Öl aus dem Bohrleck ausgetreten. Höhere Schätzungen gehen sogar von 145 Millionen Liter aus.
"Kennen nun das wahre Monster"
"Nun kennen wir die wahre Größe des Monsters, das wir im Golf bekämpfen", sagte Jeremy Symons, Vizepräsident der National Wildlife Federation. "BP hat eine unaufhaltsame Macht riesigen Ausmaßes losgelassen." Bisher ging BP von 800.000 Liter Öl pro Tag aus.
Nur wenige Bilder vom Ölteppich
Die Ölpest im Golf von Mexiko entspricht damit dem Mehrfachen der Ölkatastrophe nach dem "Exxon Valdez"-Unglück von 1989. Damals verschmutzten 41 Mio. Liter Öl die Küste von Alaska.
Doch während man von diesem Unglück auch heute noch die Bilder verklebter und sterbender Meerestiere in Erinnerung hat, sind ähnliche Aufnahmen von den Küsten der Bundesstaaten Louisiana und Texas noch eine Seltenheit.
Nur drei Strände gesperrt
Nach den Worten von Admiral Mary Landry von der US-Küstenwache sind mittlerweile 160 Kilometer Küste verdreckt - es seien Strände wie auch Marschland. In einigen Fällen handle es sich um schweres Öl, in anderen lediglich um einen Film. Tatsächlich wurden bisher aber nur drei Strände gesperrt - die anderen sind für Sonnenhungrige weiterhin offen.
BP kontrolliert Medienberichte
Von den Stränden, an denen die Reinigungsarbeiten bereits auf Hochtouren laufen, gibt es Bilder, wie Arbeiter Ölklumpen wegschaufeln. Interviews werden jedoch nicht gegeben, wie der ORF-Korrespondent Wolfgang Geier aus Louisiana berichtete. Auch Aufnahmen in den Reinigungsstationen, in denen Tiere wieder gesäubert werden, wurden von BP verboten. Die Bilder, die veröffentlicht werden, sind meist vom Ölkonzern selbst freigegeben.
Die US-Meeresbiologin Riki Ott kritisiert BP scharf. In einem Interview mit der deutschen Wochenzeitung "Die Zeit" berichtete sie davon, wie Mitarbeiter des Konzerns versuchen, die Medien und Kameras auf Abstand zu halten und Reporter von den Stränden zu verscheuchen. "Zudem haben sie den Fischern Verträge angeboten, in denen diese darauf verzichten sollen, später Ansprüche gegen BP geltend zu machen", so Ott.
Gigantische Ölwolke treibt im Meer
Doch allzu viel zu vertuschen gibt es im Moment (noch) nicht. Denn die eigentliche Katastrophe spielt sich weit weg vom Strand unter dem Meeresspiegel ab. Meeresbiologen haben am Donnerstag 35 Kilometer vom Bohrleck entfernt bereits die zweite große Ölschwade entdeckt. Die Wolke aus Ölschlamm ist mehrere Kilometer lang und hundert Meter dick. Dieses Phänomen bereitet den Wissenschaftlern große Sorgen - denn etwas Ähnliches war bisher noch nie beobachtet worden.
Öl bis nach Europa?
Niemand kann vorhersagen, wohin sich das gigantische Ölfeld bewegt oder ob es sich teilt - und vor allem, was geschieht, wenn die feinen Öltropfen in den Golfstrom gelangen und bis zu den Naturschutzgebieten in Florida oder der Ostküste Amerikas treiben. In zwei Jahren könnte das Öl auf diesem Weg sogar bis nach Europa gelangen.
Mit Gift gegen Öl
Wie und warum diese Ölschwaden entstanden sind, ist noch unklar. Sie könnten auch die Folge der Chemikalie Corexit 9500 sein. Das Gift wird in großen Mengen eingesetzt, um das Öl in kleine Partikel aufzulösen in der Hoffnung, dass Bakterien die Öltropfen vernichten. Über die langfristigen Nebenwirkungen gibt es aber noch keine Erkenntnis.
Schlimme Hurrikansaison erwartet
Dennoch hat die Umweltbehörde EPA ihre Einwilligung zu dieser Maßnahme gegeben. Denn die Zeit drängt. In Kürze beginnt im Golf die Hurrikansaison - und die soll in diesem Jahr besonders stark ausfallen. Ist der Ölteppich bis dahin nicht unter Kontrolle, dürften alle Pläne, mit Hilfe von Barrieren oder künstlichen Inseln die Strände zu schützen, zum Scheitern verurteilt sein.
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