Problematisch ist auch der Bildungsbereich, der eine Frage des Geldes ist. Staatliche Schulen bekommen meist pro Kopf bezahlt. Klassen mit bis zu 80 Schülern sind daher keine Seltenheit, entsprechend hoch ist auch die Analphabetenrate mit knapp 14 Prozent.
Studenten bauen in Südafrika
Der österreichische Verein Ithuba geht einen anderen Weg. Seit 2008 wird in einer Township bei Johannesburg an einer Schule gebaut. Die Entwürfe kommen von europäischen Architekturstudenten vor allem aus Österreich und Deutschland. Bauunterstützung bekommen die Studierenden von Schülern und lokalen Arbeitskräften.
In der Sprache der Zulu heißt Ithuba Chance. Die wollen der Verein und sein Gründer, der grüne Wiener Gemeinderat Christoph Chorherr, mit dem Ithuba Skills College geben - den Kindern und Jugendlichen aus der Umgebung und den Studenten, die ihre Entwürfe in die Realität umsetzen.
Moderne Architektur aus Lehm und Stroh
Rund 450 Architekturstudenten haben bisher an der Erweiterung der Schule gebaut. Elias Rubin war einer von ihnen. Der 28-jährige Architekturstudent der Technischen Universität Wien baute das erste Mal bereits 2005 sein erstes Gebäude für einen Kindergarten und ein Behindertenheim in der Township in der Provinz Gauteng. Seit 2008 ist er vor allem am Weiterbau der Schule beteiligt.
"Am Anfang haben wir noch ungeschickt gebaut. Inzwischen passt sich die Architektur langsam an", sagt Rubin im Gespräch mit ORF.at selbstkritisch. Statt des schnell verwitterten Holzes kommen nun mehr Lehm und Stroh zum Einsatz. Rubin: "Wichtig ist, günstige Materialien zu verwenden, die leicht zugänglich sind." Trotz der einfachen Materialien versuchen die angehenden Architekten, ihren Bauwerken einen "modernen Charakter" zu geben.
Vom Werkraum bis zur Trockentoilette
Mittlerweile werden dort mehr als 150 Schüler unterrichtet in Klassen mit durchschnittlich 30 Schülern. Dabei geht es aber nicht nur um Englisch, Schreiben und Rechnen, sondern auch um handwerkliche Fähigkeiten.
Denn die Schüler bauen gemeinsam mit den Studenten an den Gebäuden. Unterrichtet werden sie von lokalen Lehrern, teilweise auch von Freiwilligen aus Europa, die einige Monate am Ithuba Skills College verbringen.
Ziel ist, in den nächsten Jahren Platz für insgesamt zwölf Jahrgänge zu schaffen. Dafür wird regelmäßig gebaut - von Klassenzimmern, über eine Küche bis zu speziellen Trockentoiletten. Die Universität Ljubljana entsendet in den nächsten Monaten ein Team für die Bibliothek. Studierende der Kunstuni Linz und der Fachhochschule Spittal in Kärnten planen derzeit ein Gebäude für weitere Volksschulklassenzimmer.
Finanzierung selbst organisieren
Das Grundstück für die Schule stellte ein österreichischer Unternehmer zur Verfügung, der in den 70er Jahren nach Südafrika ausgewandert war und dort eine Molkerei betreibt.
Die Finanzierung der Gebäude, vor allem aber der laufenden Betriebskosten erfolgt über Sponsoren. Den Großteil der Baukosten müssen aber die Unis und Studenten selbst auftreiben.
Start für neue Schule
Das Interesse auf beiden Seiten ist groß. Ebenfalls über den Verein Ithuba beginnen Studierende der Technischen Universität (TU) Graz und der TU Wien daher 600 Kilometer südlich von Johannesburg mit dem Bau einer neuen Schule. Die ersten Klassenräume sollen bereits über den Sommer errichtet werden - mehr dazu in oesterreich.ORF.at.
"Statistische Ängste"
Langfristig soll die Bevölkerung selbst nicht nur von günstigen und stabilen Bautechnologien profitieren, sondern auch von gut ausgebildeten Familienmitgliedern. Wer das Ithuba Skills College absolviert, kann sich auch als Handwerker, etwa als Schlosser oder Tischler, ausbilden lassen. Rubin: "Mit diesem Job kann oft eine ganze Familie ernährt werden."
Profitieren würden aber auch die Studenten selbst, denn sie hätten die Möglichkeit, ein Projekt vom Anfang bis zum Ende durchzuführen, zu verantworten und eigene Entwürfe tatsächlich zu bauen.
Mit den in Europa "suggerierten Gefahren" insbesondere in Südafrikas Townships kann er wenig anfangen. Das seien "statistische Ängste", ist Rubin überzeugt. Sobald man gemeinsam mit der Bevölkerung etwas mache, seien die Vorurteile gegenüber Weißen verschwunden.
Simone Leonhartsberger, ORF.at
Veranstaltungshinweis
Einen anderen Blickwinkel auf Südafrika geben Geschichten und Bilder aus dem Ithuba Skills College, die am Dienstag um 20.30 Uhr im Wiener Gartenbaukino präsentiert werden. Gezeigt wird auch eine mit Schülern dieser Schule entstandene Fotoserie des österreichischen Fotografen Lukas Hüller, in der jeder Artikel der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte dargestellt wird.
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