Dinge, die wir nicht sehen sollten

"Exposed" soll zeigen, dass Voyeurismus ein sehr altes Phänomen ist.
Wann wird das Eindringen in die Privatsphäre fremder Menschen zur Kunst, und wann wird Beobachtung zu Überwachung? Die neue Ausstellung "Exposed. Voyeurism, Surveillance and the Camera" in der Londoner Tate Modern Gallery beschäftigt sich mit diesen Fragen und zeigt vorwiegend Aufnahmen, die ohne das explizite Einverständnis der Abgebildeten entstanden sind.

"Die Ausstellung soll einen kritischen Blick auf die Probleme werfen, die sich rund um Voyeurismus und Überwachung ergeben", sagte Kurator Simon Baker im Interview mit der britischen Zeitung "The Guardian". Gezeigt werden Werke mit verschiedenen Zugängen zu dem brisanten Thema, von Amateuren, Künstlern, Starfotografen und Journalisten.

Zentrum öffentlicher Diskussionen
Persönlichkeitsrechte, Überwachung und Privatsphäre sind in Zeiten von Google Street View, Handykameras, Reality-TV und YouTube stärker denn je im Zentrum der öffentlichen Diskussion.

Durch historische Aufnahmen - etwa Brassais erotische Bilder aus dem Paris der 1930er Jahre - soll aber auch verdeutlicht werden, dass unsere Gesellschaft immer schon einen Hang zum Voyeurismus hatte, der durch den technologischen Fortschritt nur verstärkt wahrgenommen wird.

Wer sieht wem wie wobei zu?
"Wir beschäftigen uns mit den moralischen Grenzen genauso wie mit der Entwicklung der Technologie", sagte Baker, "und vor allem damit, wer wem wie wobei zusieht."

Die Motive könnten unterschiedlicher gar nicht sein. So werden Reportagefotos aus Kriegsgebieten genauso gezeigt wie Bilder von Prominenten - etwa Richard Burton und Liz Taylor schmusend in Badekleidung sowie Paris Hilton auf dem Weg ins Gefängnis - und eine Serie über Zuschauer in Stripclubs.

Dokumente des Todes
Einer der 13 Ausstellungsräume widmet sich journalistischen Bildern zum Thema Mord, Selbstmord und Hinrichtung. In der verstörenden Abteilung sieht man etwa das Bild der Exekution Ruth Snyders.

Mit einer am Knöchel befestigten Kamera nahm ein Reporter für die "New York Daily News" 1928 heimlich die Hinrichtung Snyders auf, die nach sieben missglückten Versuchen ihren Ehemann ermordet hatte - ein inzwischen historisches, einmaliges Foto.

Japaner beim Sex im Park
Teil der Ausstellung ist auch die Fotoserie "The Park" des Japaners Kohei Yoshiyuki aus dem Jahr 1971. Die in der Nacht geschossenen Bilder zeigen hetero- und homosexuelle Paare beim Sex im Park - allerdings nicht nur sie.

Yoshiyuki hat auch die Voyeure fotografiert, die sich den Paaren bei den Rendezvous näherten: gesichtslose Silhouetten, hinter Büschen kauernd, oft ganze Gruppen, die sich um das Paar versammeln.

Mit Infrarotkamera fotografiert
Die Bilder, die mit einer Infrarotkamera aufgenommen wurden, können zum Leidwesen der Ausstellungskuratoren nicht in ihrer ursprünglichen Präsentationsweise gezeigt werden.

Bei Yoshiyukis Ausstellung in Japan mussten die Besucher mit Taschenlampen die Bilder in dunklen Räumen erkunden, was für ein Massenpublikum wie das der Tate Modern Gallery nicht möglich wäre.

Tate will in Fotografie investieren
Mit der Ausstellung bekräftigt die Tate Gallery wieder einmal ihr verstärktes Interesse an Fotografie. Wie Baker betonte, sei das Museum daran interessiert, künftig vermehrt in verschiedene Bereiche der Fotografie zu investieren.

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