Schuld ist der Rückgang des arktischen Eises in den Sommermonaten. "Gestrandet" auf dem Festland kämpfen die Eisbären ohne Nahrung ums Überleben. In dieser ungewohnten Situation treffen die weißen Bären immer öfter auf braune Artgenossen aus dem Süden. Das Ergebnis ist eine "Hybridform", die nur bei Bärenjägern für Freude sorgt.
Grolar der zweiten Generation
Anfang Mai dieses Jahres gelang einem kanadischen Inuit-Jäger eine Sensation. Er erlegte einen sogenannten Grolar (Grizzly/Polarbär-Kreuzung) der zweiten Generation, wie das kanadische Umweltministerium bekanntgab. Die Mutter war demnach ein Grolar, der Vater ein Grizzly.
Solche Kreuzungen dürften laut Experten in nächster Zeit immer häufiger vorkommen. Für die Inuit-Jäger tut sich damit ein neuer Geschäftszweig auf. Die außergewöhnlichen Felle werden laut dem kanadischen TV-Sender CBC zu Spitzenpreisen bis zu 10.000 Euro angeboten. Doch Wissenschaftler beobachten diesen Trend mit großer Sorge. Ist es doch ein weiteres Zeichen dafür, dass die Eisbärenpopulationen immer stärker unter Druck geraten.
Rückgang "dramatisch und schnell"
Den Wissenschaftlern der kanadischen Universität von Alberta gelang es erstmals, die direkte Bedrohung der Bären durch den Klimawandel anhand eines mathematischen Modells darzustellen. Dazu wurden Daten über das Verhalten, die Physiologie und die Umwelt der Bären in eine Formel gegossen. Die Ergebnisse seien laut Studienleiter Peter Molnar äußerst alarmierend. Er warnt vor einem rasanten Rückgang der Eisbärenpopulation.
"Wir werden keine wirkliche Veränderung bei der Reproduktionsrate der Eisbären wahrnehmen, bis ein bestimmter Grenzwert überschritten wird. Ab diesem Zeitpunkt wird die Population dramatisch und sehr schnell zurückgehen", erklärte Molnar gegenüber dem britischen Nachrichtensender BBC.
Vom Fasten und Paaren
Während der eisfreien Sommermonate fasten Eisbären, weil sie am Ufer keine Nahrung finden. Nur wer genug Fettreserven angelegt hat, überlebt. Das von den Wissenschaftlern entwickelte Modell berücksichtigt nun, wie schnell ein Bär an Gewicht verliert und wie lange es dauert, bis ein Bär verhungert.
Auch die Fortpflanzung lässt sich anhand dieses Modells berechnen. "Unser Modell schätzt, wie viele Bärinnen einer Population einen passenden Partner in einer Paarungsperiode finden und so trächtig werden können", erklärt Molnar. Können männliche Bären aufgrund des fehlenden Eises den Duftspuren der Weibchen nicht folgen, kommen auch weniger Junge zur Welt.
Hälfte der männlichen Bären bedroht
Beide Veränderungen verlaufen laut Molnar nicht linear, sondern verlaufen ab einem bestimmten Zeitpunkt rasant. Laut den Vorhersagen könnte das Bärensterben noch bedeutend schlimmere Ausmaße annehmen als bisher gedacht. Bis zu 50 Prozent der männlichen Bären könnten in einer der größten Bärenpopulationen in der Western Hudson Bay sterben, wenn die eisfreie Saison länger wird.
Aufregung um Hybridbär
Die Lücke könnte dann von männlichen Grizzlys gefüllt werden. Denn durch den Rückgang des Polareises verändern nicht nur die Eisbären, sondern auch die dunkelbraunen Artgenossen auf dem Festland ihre Lebensweise.
Hungrige Grizzlybären wandern auf der Suche nach Nahrung immer stärker nach Norden, wo sie auf Eisbären treffen, die auf dem Festland "gestrandet" sind. Aufgrund ihrer genetischen Verwandtschaft sind Paarungen möglich. Der erste "Hybridbär" wurde 2006 erlegt. Mittlerweile rufen Wissenschaftler Jäger und Touristenführer dazu auf, neue Sichtungen zu melden, um mehr über diese neue Bärenform zu lernen.
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