Entscheidung über Mehrheit im Bundesrat

NRW-Wahl zementiert die Machtverhältnisse im Bundesrat für mindestens ein Jahr.
Für die deutsche Kanzlerin Angela Merkel (CDU) steht am Sonntag viel auf dem Spiel: Verlieren Union und FDP die Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen, ist auch die schwarz-gelbe Mehrheit im Bundesrat dahin.

Die Handlungsfähigkeit von Merkels Koalition mit FDP-Außenminister Guido Westerwelle wäre damit erheblich eingeschränkt - mit Folgen auch für Europa, wo zahlreiche große Projekte anstehen. Diese könnten in Zukunft verstärkt von der deutschen Innenpolitik und deren aktuellen Stimmungslagen beeinflusst werden.

Bei wichtigen Reformen wie Steuersenkungen, dem Umbau des Gesundheitssystems und der Atompolitik wäre Schwarz-Gelb auf Partner angewiesen, um Gesetze durch den Bundesrat zu bekommen.

Merkels Krise mit der Krise
Vor diesem Hintergrund ist auch Merkels Umgang mit der Griechenland-Krise zu sehen. Die Kanzlerin wollte die bei den Deutschen extrem unbeliebte Entscheidung, Milliarden an Hilfe für Athen bereitzustellen, auf die Zeit nach der Landtagswahl hinauszögern.

Auf Opposition angewiesen
Derzeit verfügen die sieben schwarz-gelb regierten Länder mit 37 von 69 Stimmen über eine stabile absolute Mehrheit in der Länderkammer. Kippt die Koalition in Nordrhein-Westfalen, sind sechs Sitze verloren.

Egal welche Regierung danach in Düsseldorf zustande käme, in jedem Fall wäre eine der Berliner Oppositionsparteien SPD, Grüne oder Linke beteiligt. Damit müsste die Bundesregierung künftig stets den Kompromiss mit dem politischen Gegner suchen, um große Reformvorhaben durchzusetzen.

Kopf an Kopf
Der Ausgang der Abstimmung in Nordrhein-Westfalen ist Umfragen zufolge noch völlig offen. Weder die schwarz-gelbe Landesregierung unter Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) noch ein Bündnis aus SPD und Grünen, auf das die sozialdemokratische Spitzenkandidatin Hannelore Kraft setzt, hat Umfragen zufolge eine Mehrheit.

©Bild: APA
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Falls Schwarz-Gelb verliert, gelten eine Große Koalition oder ein schwarz-grünes Bündnis als wahrscheinlichste Lösung. Für Rot-Grün wird es aller Voraussicht nach nicht reichen.

Eine Ampelkoalition stößt bei der FDP auf Ablehnung, ein rot-rot-grünes Bündnis im Grunde genommen bei allen Beteiligten - abgesehen davon, dass sowohl eine Ampel als auch Rot-Rot-Grün wohl nur einen hauchdünnen Vorsprung hätte. Für Schwarz-Grün hingegen könnte es unter Umständen reichen, für ein schwarz-rotes Bündnis sogar ganz sicher.

CDU gegen Koalition mit SPD
Eine Große Koalition wird aber auf beiden Seiten skeptisch gesehen. Bedenken hat vor allem die Union in Berlin. Sie befürchtet, dass die SPD als Regierungspartner in Nordrhein-Westfalen jede Chance ausnutzen würde, um die CDU unter Druck zu setzen. Im Bundesrat dürfte dies das Ende für Regierungsvorhaben wie die Steuerstrukturreform bedeuten.

Grüne als Zünglein an der Waage
Den Grünen könnte damit eine Schlüsselposition zukommen. Sie regieren bereits in Hamburg und im Saarland mit der CDU, an der Saar unter zusätzlichem Einschluss der FDP. Beide Länder haben gemeinsam sechs Stimmen im Bundesrat, mit Nordrhein-Westfalen wären es sogar zwölf.

Damit würden die Grünen zu einem Partner, mit dem die Bundesregierung auch nach einer schwarz-gelben Niederlage in Nordrhein-Westfalen zentrale Reformen in der Länderkammer durchsetzen könnte.

Da sich die Landesregierungen im Bundesrat in der Regel enthalten, wenn sie sich in strittigen Fragen nicht einigen können, müssten Union und FDP natürlich auf die Grünen zugehen. In der Steuer- und Gesundheitspolitik dürfte das gar nicht so schwer fallen. Der Ausstieg aus dem Atomausstieg dagegen wäre in diesem Fall zunächst einmal gestorben.

Neu gemischt werden die Karten erst wieder kommendes Jahr. Die nächsten Landtagswahlen finden am 27. März 2011 in Sachsen-Anhalt, Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz statt. Danach könnte alles wieder ganz anders aussehen.

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