Nun ist die US-Regierung aber erneut unter Beschuss geraten, Warnungen vor der Gefahr durch Bohrinseln ignoriert zu haben.
Eingehendere Analyse gefordert
Im Mittelpunkt der Kritik steht das für die Ölförderung auf hoher See verantwortliche US-Innenministerium. Die US-Behörde für Wetter und Ozeanografie (NOAA) warnte das Ministerium bereits im Herbst, dass es das Risiko von Ölkatastrophen und die Gefahren für die Küste und deren Bewohner "dramatisch unterschätzt".
Das Innenministerium wurde in diesem Memo aufgefordert, eine eingehendere Analyse der möglichen Auswirkungen der Ölbohrungen im Meer durchzuführen.
Alte Statistiken
Kritisiert wurde vor allem, dass die Einschätzungen des Regierungsentwurfs auf alten Statistiken beruhten und damit die Sicherheit der Offshore-Bohrungen überbewertet hätten. Es wurden Zahlen über die Häufigkeit von Ölteppichen im Zeitraum von 1973 bis 2004 verwendet.
Laut NOAA hatte es aber einen "substanziellen Anstieg beim Volumen von Ölteppichen im Jahr 2005" gegeben. Dieser sei vor allem auf die Hurrikans "Katrina" und "Rita" zurückzuführen gewesen. Einige der während der Hurrikansaisonen 2004 und 2005 zerstörten Bohranlagen und Pipelines seien bis heute nicht vollständig repariert. Zudem seien seit mehreren Jahren kaum die beachtlichen ökologischen Auswirkungen der Bohrungen vor der Küste untersucht worden.
Tatsächliche Konsequenzen von Unfällen, die Öl freisetzen, würden in dem Entwurf der Regierung mit vagen Phrasen unterbewertet - etwa mit der Formulierung, dass "keine substanzielle Verschlechterung erwartet" werde.
Bedenken ignoriert
Damit hatte die NOAA auf einen an die Öffentlichkeit gelangten Entwurf der Regierung reagiert, der weitere Öl- und Gasbohrungen vor der Küste vorsah. Die Bedenken der NOAA wurden aber beseitegewischt. Ende März verkündete Obama offiziell, diese Förderungen wieder zuzulassen - auch um die Abhängigkeit von Ölimporten zu reduzieren.
Nach der Ölkatastrophe im Golf von Mexiko setzte die Regierung vergangene Woche neue Bohrungen in Küstengewässern aber vorläufig wieder aus - bis eine Ursache des Unglücks feststehe. Zudem steht Obama unter Zugzwang, bereits in Aussicht gestellte erweiterte Bohrgenehmigungen auf hoher See in anderen Regionen zu stoppen. BP-Konkurrent Shell darf aber eigenen Angaben zufolge im Golf von Mexiko weiterarbeiten.
Auch der kalifornische Gouverneur Arnold Schwarzenegger nahm davon Abstand, neue Bohrinseln vor der Küste Kaliforniens zu errichten. Er habe aufgrund der Fernsehbilder seine Meinung über die Sicherheit der Plattformen im Ozean geändert.
Ministerium reagierte
Als die NOAA nun Teile ihrer Kritik wiederholte, reagierte das Ministerium. Die Bedenken der Behörde seien in dem Plan zur Energiegewinnung vor der Küste berücksichtigt worden, und es habe auch detaillierte Ergänzungen über die ökologischen Konsequenzen gegeben, hieß es gegenüber der Online-Nachrichtensite Huffington Post.
Beobachter bemängeln aber weiterhin, dass sich unter Obama in Umwelt- und Wissenschaftsfragen nur wenig gegenüber der Regierung von Ex-Präsident George W. Bush geändert habe. Obamas Neuaufnahme der Ölbohrungen vor der Küste wurde von vielen Seiten als Versuch gewertet, die Unterstützung der oppositionellen Republikaner für sein Klimagesetz zu bekommen.
Sorge vor Umweltschäden
Aus Sorge vor Umweltschäden waren Bohrungen vor der Pazifik- und Atlantik-Küste der USA jahrzehntelang verboten. Eine Ausnahme war der Golf von Mexiko.
Nach Schätzungen des geologischen Instituts der USA liegen allein vor der Atlantik-Küste Vorkommen von fast vier Mrd. Barrel Öl, vor der Pazifik-Küste sind es demnach 10,5 Milliarden Barrel. Zum Vergleich: Die USA importieren jährlich rund zwei Mrd. Barrel Öl aus Mitgliedsstaaten der Organisation erdölexportierender Länder (OPEC).
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