Schon in früheren Jahrhunderten waren weiße Gesichter das Schönheitsideal in Japan, wie Lars Nicolaysen für die deutsche Nachrichtenagentur dpa recherchierte. So benutzten Frauen in der Nara-Zeit (710 bis 794) unter anderem Puder aus Mineralien und ein traditionelles "O-shiroi"-Puder aus klebrigem Reis, Hirse und Gerste.
Zeichen des Adels
Noch ausgeprägter war das Schönheitsideal weißer Haut in der folgenden Hofkultur der Heian-Zeit (794 bis 1185). Damals verbrachten die Edelfrauen die meiste Zeit im Palast fern des Sonnenlichts. Ihre Haut war dadurch viel heller als die der gemeinen Leute, die draußen arbeiteten. Weiße Haut galt als Zeichen des Adels. Damals war es Brauch unter Männern von hohem Rang, ihre Frauen nur gelegentlich für die Nacht zu besuchen.
"Während die Edelfrauen auf ihre Männer warteten, schminkten sie sich so weiß wie möglich, damit ihr Gesicht und ihre schwarzen, langen Haare im Kerzenlicht des Hofes passend zu ihren seidenen Kimonos schön leuchteten", sagt Masayoshi Nakano. Er ist Schönheitsberater beim japanischen Kosmetikkonzern Kanebo, dem Pionier moderner "Whitening"-Kosmetik.
Blei im Puder
Lange Zeit, so erzählt der Experte, seien die Mittel und Methoden zur Aufhellung der Haut schädlich für den Körper gewesen. So enthielt zum Beispiel das in der Meiji-Zeit (1868 bis 1912) besonders beliebte Puder "Enpaku" Blei. Erst im Jahr 1966 brachte Kanebo das erste unschädliche Kosmetikprodukt zur Aufhellung der Haut auf den japanischen Markt.
Kanebo ist heute das führende Unternehmen in Japan für "Whitening"-Kosmetika - und damit Trendsetter in ganz Asien. Dabei hat sich das Schönheitsideal der Japanerinnen zwischenzeitlich öfter geändert.
So zeigen Werbeposter vom Ende der 60er Jahre Frauen im Sommer mit brauner Haut. "Damals war man chic, je dunkler man im Sommer wurde. Das muss der Einfluss des Westens gewesen sein", sagt Nakano. "Im Herbst musste man aber unbedingt wieder helle Haut haben." Seit den 90er Jahren wollen die Japanerinnen auch im Sommer weiße Haut haben - und lassen sich das einiges kosten.
Markt weiter am Wachsen
Während sich der Kosmetikmarkt insgesamt jahrelang eher schleppend entwickelte, ist der Markt für "Whitening"-Produkte am Wachsen. Sie machen inzwischen ein Viertel des gesamten japanischen Marktes für Hautpflegemittel aus. Etwas aus dem Rahmen fielen einzig japanische Mädchen in Tokios Szeneviertel Shibuya, die Ende der 90er begannen, sich ihre Haut in Sonnenstudios regelrecht zu schwärzen.
"Sie lehnten das Schönheitsideal ihrer Elterngeneration ab", sagt Nakano. Während immer noch manche dieser jungen Frauen in Tokios Szenevierteln zu beobachten sind, wird das japanische Werbefernsehen ansonsten ausschließlich von Frauen mit heller, fleckenloser Haut dominiert.
Hüte mit UV-Schutz
Doch heute geht es den Kundinnen nicht mehr nur um das Aussehen, auch das wachsende Gesundheitsbewusstsein spielt eine zunehmende Rolle. So dienen nicht nur Kosmetika dazu, die Haut vor schädlichen Strahlen zu schützen.
Die Liebe der Japanerinnen zu fleckenloser Porzellanhaut kurbelt auch die Nachfrage nach kleinen Sonnenschirmen zum Spazierengehen, Hüten mit UV-Schutz und T-Shirts mit langen Ärmeln an. Derweil zeigen jüngste Marktforschungen aus Europa und den USA, dass es mittlerweile auch im Westen einen kleinen, aber im Wachstum begriffenen Markt für "Whitening"-Produkte gibt.
Link:
- Bi-Haku (Wikipedia, engl.)