"Mit Husten auf Intensivstation"

TU Graz: "Dürftige Faktenlage rechtfertigte Vorsicht."
Für reichlich überzogen hält Fritz Pachowsky, Luftfahrttechniker der Technischen Universität (TU) Wien, die nun teilweise aufgehobene Sperre des Luftraums über weiten Teilen Europas wegen der Vulkanasche in der Atmosphäre.

"Es ist, als würde man sich wegen eines Hustens gleich auf die Intensivstation legen", sagte Pachowsky gegenüber der APA. Franz Heitmeir, Leiter des Instituts für thermische Turbomaschinen und Maschinendynamik der TU Graz, widersprach: "Die dürftige Faktenlage rechtfertigte die Vorsicht."

Höhere Erosion
Die Auswirkungen des Staubs auf die Triebwerke der Verkehrsmaschinen sind laut Pachowsky unterschiedlich. Bei Konzentrationen wie derzeit über weiten Teilen Europas komme es bestenfalls zu einer höheren Erosion von einzelnen Teilen. Die Motoren altern rascher, und einige Module müssen früher ausgetauscht werden. Sicht- und messbar ist der Zustand der Triebwerke unter anderem am Treibstoffverbrauch.

"Pulverbeschichtung" durch Hitze
Ein anderes, schwerwiegenderes Problem kann dann auftreten, wenn die hohen Temperaturen - bis über 2.000 Grad in der Brennkammer - die Asche- und Staubteilchen aufschmelzen. An kühleren Teilen des Triebwerks könne sich dann das Material wieder anlagern, es komme zu einer "Pulverbeschichtung", so Pachowsky.

Aber auch das führe in der Regel zu keinem schlagartigen Defekt, sehr wohl könnte die Sicherheitsvorrichtung das Triebwerk vorläufig abschalten. Erst in geringerer Höhe sind die Flugzeugmotoren dann wieder zu starten.

"Direkt durch den Kegel"
"Damit diese Verglasung von Teilen der Triebwerke ein Problem wird, muss ein Flugzeug aber schon direkt durch den Auswurfkegel eines Vulkans fliegen", so der TU-Wien-Experte. Bei den Staubkonzentrationen über Europa sei praktisch keine Gefahr gegeben.

Mangelnde Routine
Heitmeir hält die Sperre des Luftraums allerdings für gerechtfertigt. "Wir wissen weder, ab welcher Staubkonzentration es wirklich gefährlich wird, noch, wo welche Konzentration zu finden ist", so der Wissenschaftler. Mangels Routineuntersuchungen sei die Menge an Vulkanasche in der Atmosphäre derzeit nicht so leicht feststellbar.

Immerhin werden pro Sekunde Luftmengen durch die Triebwerke gejagt, die dem Inhalt eines großen Zimmers entsprechen. Da könnten auch kleine Konzentrationen an Partikeln in der Luft rasch zu einem Probleme werden.

"Im Zweifel den sichereren Weg"
"Unsicherheit ist da, und ich bin der Meinung, dass man im Zweifel den sichereren Weg gehen sollte, zumal gerade für die Luftfahrt ansonsten auch ein hoher Sicherheitsfaktor gefordert wird", sagte Heitmeir.

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