Ein Fun-Park entsteht

Lockerheit und Leichtigkeit als Leitgedanken der Olympiaplaner.
Man darf die Frage nach der Stil- und Geschmackssicherheit der Planer für die Olympischen Spiele in London stellen: Das Logo wurde vernichtend verrissen, und auch der Turm, eine Art verdrehte Variante des Eiffelturms als riesenhaftes Symbol, dürfte für Debatten sorgen.

Doch genau um den ästhetischen Aspekt scheint es den Organisatoren der Spiele, die im Sommer 2012 stattfinden werden, nicht zu gehen - eher im Gegenteil. Der konservative Londoner Bürgermeister Boris Johnson, das Enfant terrible der britischen Innenpolitik, kündigte diese Woche "Spaßspiele" an.

Keine Turmspringer
Das beginnt bei den Eröffnungsfeierlichkeiten, die quer durch die Stadt verlaufen und die Bevölkerung einbeziehen sollen, und geht offenbar bis hin zu den architektonischen Plänen. Der nun vorgestellte Entwurf für den "Orbit Tower" sieht lustig bis befremdlich aus, ist keine Sportstätte und hat somit an sich nichts mit den Olympischen Spielen zu tun.

Er soll 115 Meter hoch werden und aus ineinander verdrehten Stahlstreben bestehen. Die bizarre Konstruktion in Form einer orientalischen Wasserpfeife soll neben dem Olympiastadion errichtet werden. Bei der Präsentation am Mittwoch war vom "größten Kunstwerks Großbritanniens" die Rede.

Mittal spendet den Stahl
Jedenfalls wird der Turm die höchste Skulptur Großbritanniens, erhält eine Aussichtsplattform und ein Restaurant und soll auch nach den Spielen noch Besucher in den Olympiapark locken. Der Entwurf stammt von dem Londoner Künstler Anish Kapoor.

Der indische Stahlmagnat Lakshmi Mittal, laut "Forbes"-Liste der fünftreichste Mann der Welt mit einem geschätzten Vermögen von knapp 29 Milliarden Dollar, wird den Rohstoff spenden. Diese Vereinbarung habe er mit Mittal am Rande des Weltwirtschaftsforums in Davos getroffen, sagte Bürgermeister Johnson.

Touristenattraktion als Rechtfertigung
Johnson erklärt den Turm so: "Wir geben massenhaft Geld für Olympia aus und müssen das auch irgendwie rechtfertigen. Durch den Turm können wir dafür sorgen, dass noch Generationen von Touristen herkommen werden, um ihn zu sehen."

Der Künstler selbst sagt: "Das Design entstand aus der Idee, völlig neu zu denken, was ein Turm sein kann. Deshalb haben wir uns für eine orbitale Form entschieden statt für eine lineare, die eher der Tradition entsprechen würde."

"Instabilität erfahrbar machen"
Gegenüber der BBC präzisierte er: "Ich wollte die Instabilität erfahrbar machen und den Eindruck ständiger Bewegung erwecken. Wenn man um den Turm herumgeht, ändert er ständig seine Form. Außerdem hat man von oben einen völlig neuen, wundervollen Blick auf London."

"Ein normaler Turm geht einfach gerade hinauf, dieser jedoch bezieht seine Stärke aus der Drehung. Es sollte etwas entstehen, was wirklich das 21. Jahrhundert repräsentiert. Es handelt sich um traditionelle Ingenieurskunst, aus der aber etwas komplett Neues entsteht."

Damit sich der Eindruck der Instabilität nicht bewahrheitet, arbeitete der Architekt mit dem seinen Angaben nach "besten" Ingenieur der Welt zusammen.

Wolkenhimmel zog Kürzeren
Bürgermeister Johnson sagte, es habe einige sehr vielversprechende Entwürfe gegeben. Dennoch hätten die Verantwortlichen eindeutig das Gefühl gehabt, dass der nun gewählte Turm etwas ganz Besonderes sei und man ihn umsetzen solle, wenn es nur irgendwie geht.

Ein anderer Entwurf hätte wolkenartige Gebilde vorgesehen, die an dünnen Türmen befestigt über verschiedenen Punkten Londons "schweben" sollten, während darauf Wörter projiziert worden wären. Die Energie dafür hätte von Sonnenkollektoren kommen sollen.

Die positive Kraft des Logos
Bereits 2007 wurde das Logo vorgestellt, und es sorgt bis heute für Empörung. Offenbar sollten auch hier Lockerheit und Leichtigkeit symbolisiert werden. Der damalige britische Premierminister Tony Blair hoffte seinerzeit, dass "die Leute beim Betrachten des Logos inspiriert werden, ihr Leben positiv zu ändern".

Zunächst soll das im TV gezeigte, knallbunte und animierte Logo für eine Handvoll epileptische Anfälle gesorgt haben, woraufhin die Animation verändert wurde. Das Design sorgte aber auch sonst für Verwunderung und Ablehnung.

Kein Gewöhnungseffekt
Die Designer traten den Angriffen mit der Aussage entgegen, dass ihr Logo seiner Zeit so weit voraus sei, dass es noch niemandem gefallen könne. Man werde sich aber daran gewöhnen und es lieben lernen.

In der "New York Times" fand sich erst diese Woche wieder ein beißend böser Kommentar, in dem es klar und deutlich heißt: Das Symbol sei so hässlich, dass man sich niemals daran gewöhnen werde können. Über den Turm wurde bisher neutral geschrieben, möglich allerdings, dass ein ähnliches Urteil auch über ihn folgt.

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