"Sklaven der Marke"

Kapselerfinder Favre: "Mussten unsere Rechte immer verteidigen".
Als Eric Favre als junger Mitarbeiter des Schweizer Lebensmittelmultis Nestle vor rund 30 Jahren eine Kaffeekapsel entwickelte, hat noch niemand den kommerziellen Wert dieser Innovation geahnt. Erst Jahre später fand Favre für seine in Eigenregie weiterentwickelte Kapsel doch noch Gehör, und für Nestle startete mit Nespresso eine außergewöhnliche Erfolgsgeschichte.

Trotz Wirtschaftskrise und zunehmender Konkurrenz zählt Nespresso mittlerweile zu den Wachstumsmotoren des Konzerns. Nach 2009 wird auch im laufenden Geschäftsjahr laut "Neuer Zürcher Zeitung" ("NZZ") ein zweistelliges Plus anvisiert.

Als Erfolgsrezept hat sich - zumindest bisher - das geschlossene Nespresso-System erwiesen, bei dem ausschließlich die Kapseln aus dem eigenen Haus mit den Kaffemaschinen kompatibel sind.

"Einmal Nespresso, immer Nespresso"
Wer sich einmal für ein Kapselkaffeesystem entschieden hat, wird laut "Basler Zeitung" ("BAZ") somit zum "Sklaven der Marke": "Einmal Nespresso, immer Nespresso".

So sind es auch die Kaffeekapseln und nicht die Maschinen, denen Nespresso den Großteil seines Umsatzes verdankt, der im vergangenen Jahr auf rund 2,8 Milliarden Franken (1,9 Mrd. Euro) stieg.

Ex-Chef plant Frontalangriff
Ausgerechnet Ex-Nespresso-Chef Jean-Paul Gaillard plant nun einen Frontalangriff auf das durch Hunderte Patente geschützte Monopol. Er will ab Mai bei der französischen Supermarktkette Casino bis zu 20 Prozent billigere, mit Nespresso-Maschinen kompatible Kapseln anbieten.

Nestle zeigte sich in einer ersten Reaktion gelassen. "Es herrscht keine Panik", sagte Nestle-Schweiz-Chef Roland Decorvet, der auf die lange Erfahrung mit Konkurrenten verwies.

Dennoch ist Gaillard laut der Schweizer Online-Zeitung Nachrichten.ch vom Erfolg seines Geschäftsmodells überzeugt. Grund dafür sei unter anderem, dass er auf biologisch abbaubare Pflanzenfasern und nicht - wie Nespresso - auf Aluminium setze. Zudem schloss Gaillard strikt aus, dass er mit seinem Vorhaben Nespresso-Patente verletze.

Patent bis 2011
Viel Energie und Geld hatten Patentstreitigkeiten den "Vater der Kaffeekapsel" schon zuvor gekostet. Favre, der sich 1990 von Nestle trennte, sicherte sich ein Jahr später das Patent auf die von ihm weiterentwickelte Idee der Kaffeekapsel, womit seine Erfindung noch bis Ende 2011 geschützt ist.

Lukrative Lizenzverträge schloss er nicht nur mit seinem ehemaligen Arbeitgeber Nestle, sondern auch mit dessen direkten Konkurrenten wie Lavazza, Chicco D'Oro und Co.

"Mit allen hatten wir Lizenzverträge, doch letztlich mussten wir unsere Rechte trotzdem immer verteidigen", sagte Favre laut "NZZ". Zuletzt setzte sich Favre etwa gegen den Schweizer Lebensmittelgroßhändler Migros durch, der sich "irgendwann weigerte, die vereinbarten Lizenzbeträge" seines hauseigenen Kaffeekapselsystems zu zahlen.

"Zeitalter der Teekapsel"
Favres Lizenzeinnahmen flossen bisher mäßig erfolgreich in das Kapselsystem seiner Firma Monodor. Mit dieser will Favre laut "NZZ" jetzt aber nicht zuletzt das "Zeitalter der Teekapsel" einläuten, die nun nach 14-Jähriger Forschungsarbeit auf den Markt kommen soll.

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