Nur selten zeigen sich die Folgen des Phänomens Kohlebrand derart deutlich wie in der US-Bergbaugemeinde Centralia (Pennsylvania), wo das unterirdische Inferno in den letzten 50 Jahren ganze Straßen verschluckte. Übrig blieb die Kulisse einer bizarren Geisterstadt.
Von den USA bis nach Asien
Experten wie der Geologe Glenn Stracher vom East Georgia College in Swansboro (US-Bundesstaat Georgia) gehen davon aus, dass die Zahl derartiger Brände weltweit in die Tausende geht: von den USA über Afrika (u. a. Südafrika) und Europa (u. a. Deutschland) bis nach Asien (China, Indien, Indonesien).
Dabei ist über die Ursachen bisher mehr bekannt als über die längerfristigen Folgen für Menschen und Umwelt. Kohlebrände können spontan durch Selbstentzündung, Blitzschläge oder Flurbrände entstehen, viel öfter aber liegt die Schuld beim Menschen.
Millionen Jahre altes Phänomen
Derartige Brände seien bereits vor Millionen von Jahren entstanden und damit ein natürliches Phänomen, zitierte Ende Februar die US-Tageszeitung "Christian Science Monitor" den Erdwissenschaftler Mark Engle vom United States Geological Survey (USGS). Heute kämen sie jedoch dort am häufigsten vor, wo Kohle industriell abgebaut wird.
Rohstoffvorkommen gehen in Rauch auf
Alleine in den Kohlerevieren Chinas verbrennen nach Schätzungen des USGS (2009) jährlich zwischen zehn und 200 Millionen Tonnen Kohle. Die Menge entspricht fünf bis zehn Prozent der Jahresproduktion.
Haben sich Flöze einmal entzündet, fressen sich die Brände von der Oberfläche langsam in die Tiefe - bis zu 400 Meter weit. Die Kohle schwelt dann bei Temperaturen bis zu 500 Grad oder brennt - bei genügend Sauerstoffzufuhr - bei über 1.000 Grad.
"Brennender Berg" als Naturschauspiel
Es dauert mitunter Hunderte von Jahren, bis die Brände wieder erlöschen. Ein Beispiel dafür ist der "Brennende Berg" im deutschen Saarland, in dem seit 1668 ein Kohlebrand schwelt. Das seltsame Naturschauspiel zieht zahlreiche Touristen an.
Unklare Folgen für das globale Klima
"Sie verschlingen Ressourcen, spucken gefährliche Emissionen aus und versetzen das Land in Angst", beschrieb die US-Zeitung die Folgen der Brände. Besonders die Frage nach den Folgen für Mensch und Umwelt ist bisher noch nicht geklärt. Unter anderem befasst sich Mitte Mai in Berlin eine Expertenkonferenz (2nd International Conference on Coalfire Research, ICCR) mit der Problematik.
Jedenfalls stehen die Brände unter dem naheliegenden Verdacht, ein stiller Klimakiller zu sein. "In Wirklichkeit haben wir keine gute regionale oder globale Einschätzung über das Emissionsvolumen dieser Brände", sagte Stracher gegenüber der US-Zeitung. "Es ist gut möglich, dass diese Emissionen eine signifikante Rolle beim Klimawandel spielen. Wir wissen es einfach nicht."
Hochgiftiger Rauch
Laut einem Bericht der US-Environmental Protection Agency (EPA) blasen die Brände außerdem weltweit rund 48 Tonnen (giftiges) Quecksilber pro Jahr in die Luft. Der Rauch enthält - je nach Zusammensetzung der Kohle - neben den klimaschädlichen Gasen Kohlenmonoxid (CO), Kohlendioxid (CO2) und Methan auch Schwefeldioxid und giftiges Arsen. Böden und Grundwasser werden verseucht. Die Brände werden deshalb auch mit dem gehäuften Auftreten von Krebserkrankungen in Zusammenhang gebracht.
Eine vom "Christian Science Monitor" zitierte französische Studie aus dem Jahr 2007 beziffert den Anteil der Kohlebrände an den weltweiten CO2-Emissionen auf drei Prozent.
Bekämpfung äußerst schwierig
Die Bekämpfung der Brände ist bisher schwierig und teuer. Die USA investierten laut der Zeitung bis jetzt rund eine Mrd. Dollar (über 730 Mio. Euro). Um Kohlebrände zu löschen werden Flöze oder Halden entweder abgegraben, oder es wird versucht, die Glut zu ersticken, etwa durch das Einleiten von Schlamm und Wasser. Experimentiert wird auch mit einem speziellen, stickstoffhaltigen Löschschaum.
Geisterstadt Centralia
In Centralia scheiterten allerdings alle Versuche, die Stadt zu retten. Laut der US-Bergbaubehörde Office of Surface Mining Reclamation and Enhancement (OSMRE) brach der Brand dort 1962 aus, nachdem sich eine wilde Mülldeponie nahe einem Kohlelager (Buck Mountain Mine) entzündet hatte. In weiterer Folge griff das Feuer auf Kohleschächte unter der Stadt über.
Zwischen 1985 und 1991 wurden erste Bewohner abgesiedelt und vom Staat entschädigt. Einige wenige weigern sich allerdings bis heute, ihre Häuser zu räumen. Geologe Stracher beschreibt die Kulisse als "bizarr": Rauch steigt aus dem Boden auf, die Vegetation ist zerstört, Centralia heute eine Geisterstadt, in der, wie der britische "Daily Telegraph" Ende Februar schrieb, die brennende Kohle "das letzte Leben erstickt hat".
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