Prozess durch Politiker verzögert

Ehemaliges Liebkind der Wiener Gesellschaft auf Abwegen.
Lebenslang hat am 28. Jänner 1992 das Urteil eines Senats des Oberlandesgerichts Wien gegen Udo Proksch gelautet.

Das ehemalige Liebkind eines Teils der Wiener Gesellschaft, gelernter Schweinehirt, Gründer des Vereins der Senkrechtbegrabenen und Hausherr des in der Hofzuckerbäckerei Demel etablierten Club 45, Opernball-Tanzpartner von Imelda Marcos, Fallschirmspringer und Brillendesigner musste im Alter von 57 Jahren endgültig seine Hoffnungen begraben, alsbald wieder auf freiem Fuß zu sein.

Sechsfacher Mord, Versicherungsbetrug
Der Schuldspruch erster Instanz wegen sechsfachen Mordes, sechsfachen Mordversuchs, Gefährdung durch Sprengmittel und versuchten schweren Betrugs war bestätigt worden.

Seinen guten Beziehungen zu einflussreichen Personen hatte es Proksch zu verdanken, dass er ohnehin erst 15 Jahre nach der Versenkung der "Lucona" im Indischen Ozean rechtskräftig verurteilt wurde.

Sechs der zwölf Menschen an Bord starben bei dem durch eine Explosion verursachten Untergang des Frachters. Die "Lucona" transportierte eine als Uranerzaufbereitungsanlage deklarierte wertlose Kohlenförderanlage, die auf mehr als 200 Millionen Schilling versichert war.

Politiker stolperten über Affäre
Fünf Jahre lang wurden die Ermittlungen auf Sparflamme geführt, ehe die Kritik so massiv wurde, dass sich sogar ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss von November 1988 bis Juni 1989 mit dem Thema befasste.

Konsequenzen daraus hatten hochrangige Politiker und Freunde Prokschs zu tragen: Leopold Gratz trat als Nationalratspräsident zurück, Karl Blecha als Innenminister. Der Präsident des Sozialgerichts, Karlheinz Demel, wurde suspendiert.

Prominentester Justizflüchtling
Proksch und sein Komplize Hans-Peter Daimler saßen im August 1985 und im Oktober 1986 in U-Haft, wurden aber wieder auf freien Fuß gesetzt. Als der parteilose Justizminister Edmont Foregger im März 1988 die Anklage genehmigte, hatte Proksch Österreich verlassen - durch den zuständigen U-Richter beurlaubt für eine Dienstreise ins Ausland, von der er erst im Oktober 1989 zurückkehrte.

Bei seiner Einreise auf dem Flughafen Wien-Schwechat wurde der damals prominenteste Justizflüchtling Österreichs trotz veränderten Aussehens aufgrund eines seit eineinhalb Jahren bestehenden Haftbefehls festgenommen.

Pretterebners Aufdeckerbuch
Unterdessen war Hans Pretterebners Buch "Der Fall Lucona" - Untertitel: "Ost-Spionage, Korruption und Mord im Dunstkreis der Regierungsspitze" - längst zum vieldiskutierten Bestseller geworden.

Der Prozess gegen Proksch im Wiener Landesgericht wurde Ende Jänner 1990 eröffnet. 14 Monate später wurde der Angeklagte in erster Instanz zu 20 Jahren Haft verurteilt.

"Paradehäftling" in der Karlau
Zuvor hatte sich das Gericht mit Hilfe eines Spezialunternehmens erfolgreich auf die Suche nach dem auf dem Grund des Indischen Ozeans liegenden Frachter gemacht - der Prozess wurde damit zum vermutlich teuersten der österreichischen Justizgeschichte. Sein Komplize Daimler wurde im Juni 1997 in Kiel zu 14 Jahren Haft verurteilt.

Proksch galt in der Karlau als "Paradehäftling". Er baute im Gefängnis eine kleine Bibliothek auf und leitete diese mit Engagement. Er bekam auch regelmäßig Besuche von Freunden. Ab 2004 hätte er auf eine Entlassung wegen guter Führung hoffen können (die U-Haft wäre eingerechnet worden).

Nach Herz-OP verstorben
Doch am 27. Juni 2001 starb Proksch im LKH Graz im Alter von 67 Jahren nach einer Herztransplantation. In der Folge des Eingriffs war es zu Komplikationen gekommen, die ein Spenderherz nötig machten. Doch der rasche Eingriff nützte nicht mehr, Stunden nach der Operation starb Proksch in den Abendstunden des 27. Juni 2001.

Knapp zwei Jahre zuvor war Prokschs Tochter Anna, die aus seiner Ehe mit Erika Pluhar stammte, nach einem Asthmaanfall 37-jährig verstorben.

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