Personalrochade an der Spitze

ÖBB-Aufsichtsrat stellt Weichen für neue Bahnführung.
Der ÖBB-Aufsichtsrat hat am Dienstag die personellen Änderungen an der Spitze auf Schiene gebracht.

Weil der bisherige Bahnchef Peter Klugar vergangene Woche nach wochenlangen Spekulationen über seinen Abgang bekanntgegeben hatte, sich nicht mehr für eine weitere Periode als Vorstandssprecher der ÖBB-Holding zu bewerben, wurde Verbund-Vorstand Christian Kern als Nachfolger gekürt.

Sein Rücktritt sei freiwillig erfolgt, die Krankendatenaffäre sei bereinigt und spiele keine Rolle, sagte Klugar im Ö1-Mittagsjournal. "Ich muss nicht gehen, sondern ich werde gehen. Mein Vertrag läuft Ende des Jahres aus, ich bin über 60 Jahre."

"Ziel, wieder stolz auf Bahn zu sein"
Der 44-jährige Wiener tritt sein Amt am 1. Juni an. Er wird der SPÖ zugerechnet. Kern will die ÖBB aus der tagespolitischen Diskussion bringen. "Mein Ziel ist es, dass die Österreicherinnen und Österreicher wieder stolz auf ihre Bahn sind", sagte er.

"Es handelt sich um eine außerordentliche Herausforderung. Die ÖBB sind einer der Leitbetriebe der österreichischen Wirtschaft und haben als Konjunkturmotor Bedeutung für die gesamte Wirtschaft und Gesellschaft", so Kern. "Unternehmen und Mitarbeiter haben heute nicht das Ansehen, das wir brauchen und auch verdienen."

Seiser folgt Poschalko nach
Nachfolger von Holding-Vorstand Gustav Poschalko wird wie erwartet der Geschäftsführer der ÖBB-Technische Services GmbH, Franz Seiser. Er tritt seine Stelle am 1. April an. Poschalko wechselt in den Aufsichtsrat der Rail Cargo Austria AG und der ÖBB-Personenverkehr AG.

Seiser will die Bundesbahnen "als den erfolgreichsten und nachhaltigen Mobilitätsdienstleister positionieren".

Infrastrukturministerin Doris Bures (SPÖ) sieht mit der Personalentscheidung das Unternehmen ÖBB "strukturell und personell für die großen Herausforderungen gut aufgestellt".

Wie viel der ÖBB-Chef verdient
Spekuliert wurde zuletzt über die Gage Kerns. Beim Verbund verdiente er 585.698 Euro. Kolportiert wurde, dass Kern bei der Bahn um 100.000 Euro mehr verdienen soll als Klugar, der auf ein Jahresgehalt von rund 400.000 Euro gekommen sein dürfte - 2008 verdienten die ÖBB-Holding-Vorstände laut Rechnungshof (RH) im Schnitt 502.700 Euro.

Bures hatte am Sonntag in der ORF-"Pressestunde" gesagt, dass es nicht sein könne, "dass Manager das Unternehmen runterwirtschaften und dafür viel Geld oder Boni erhalten", weshalb es für die ÖBB-Manager einen "strikt leistungsorientierten Gehaltsbestandteil" geben solle.

Zu viel bezahlte Aufwandsentschädigung
Der Aufsichtsrat musste sich auch mit den Zahlen für 2009 befassen, endgültig abgesegnet wird die Bilanz jedoch erst bei der Sitzung des Kontrollgremiums am 29. April. In den ÖBB geht man davon aus, 2009 schwarze Zahlen zu schreiben - obwohl der Rückstellungsbedarf für Pflegegeld und Fahrtenbegünstigungen noch nicht feststehe.

Hier soll es "in den nächsten Wochen" eine Einigung mit den Finanzbehörden geben. Die Bahn soll in Zusammenhang mit Pflegegeldzahlungen bis zu 400 Millionen Euro zu Unrecht vom Staat erhalten haben, weswegen ein veritabler Streit zwischen Bahn und Finanzstaatssekretär Reinhold Lopatka (ÖVP) ausgebrochen ist.

Bilanz trotz Spekulationsverlusts positiv
Positiv wird die Bilanz 2009 nur ausfallen, weil sich die Bahn im Jänner mit der Deutschen Bank nach einer langen juristischen Auseinandersetzung außergerichtlich auf die Zahlung von 295 Millionen Euro geeinigt hat.

Der Betrag des Spekulationsgeschäfts, 613 Millionen Euro, wurde nämlich schon 2007 bzw. 2008 rückgestellt. Das Zahlenwerk für 2009 wird daher um einen außerordentlichen Ertrag von mehr als 300 Millionen Euro aufgefettet.

Zankapfel Pensionsantrittsalter
Auf der Agenda stand weiters das heikle Thema Pensionen - seit längerer Zeit ein Zankapfel zwischen den Koalitionsparteien. Während Bures das Pensionsantrittsalter der Eisenbahner von derzeit 52,4 Jahren über einen ÖBB-internen Arbeitsmarkt und Umschulungen jährlich um ein Jahr anheben will, fordert Lopatka gesetzliche Maßnahmen.

Laut Bures hatte aber die schwarz-blau/orange Regierung den "falschen Weg" eingeschlagen, indem sie auf Personalabbau via Frühpensionierungen gesetzt habe.

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