ÖVP will Kanzleramt zurückerobern

Ex-Richter Martin Wabl möchte es wieder mit einer Kandidatur versuchen.
Am 8. Juli soll der nächste Bundespräsident angelobt werden. Heinz Fischer hat bereits angekündigt, für weitere sechs Jahre in der Hofburg kandidieren zu wollen. Gegen wen er ins Rennen geht, ist aber auch zwei Monate vor der Wahl am 25. April noch unklar.

Die ÖVP wird keinen Kandidaten nominieren. Diese im Vorfeld schon erwartete Entscheidung habe der Bundesparteivorstand am Donnerstagnachmittag einhellig mit nur einer Enthaltung getroffen, berichtete Parteiobmann Josef Pröll nach der Sitzung.

Keine Wahlempfehlung
Wie der Vizekanzler mitteilte, wird die ÖVP auch keine Wahlempfehlung für einen anderen Kandidaten abgeben. Bei der nächsten Wahl im Jahr 2016 werde die Volkspartei dann um den Wiedereinzug in die Hofburg kämpfen, kündigte der Parteichef an.

Pröll begründete den Verzicht auf die Kandidatur damit, dass sich die ÖVP nun einerseits auf die Konsolidierung des Staatshaushaltes und andererseits auf die drei kommenden Landtagswahlen im Burgenland, in der Steiermark und in Wien konzentrieren wolle.

Pröll oder Pröll
Zwar hatte der niederösterreichische Landeshauptmann Erwin Pröll (ÖVP) im vergangenen Jahr auf eine Kandidatur seiner Partei gedrängt. Intern konnte er sich damit aber nicht durchsetzen. Mit seiner Forderung nach einem Gegenkandidaten zu Fischer brachte er sich selbst ins Spiel und stürzte die Partei damit in ein Dilemma.

Denn Ziel der Schwarzen ist, 2013 mit dem jetzigen Vizekanzler Josef Pröll den Bundeskanzler zu stellen. Einige in der Partei bezweifelten, dass zwei Prölls, der Onkel in die Hofburg und der Neffe ins Kanzleramt, gewählt würden.

"Kein Zählkandidat"
Nun liegt offenbar die Konzentration auf dem Neffen Josef Pröll und seinem Einzug ins Kanzleramt. Dieses Ziel dürfe durch einen Präsidentschaftswahlkampf "nicht gefährdet" werden, hatte der Tiroler Landeshauptmann Günter Platter bereits vergangenen Herbst gemeint. Daraufhin legte Erwin Pröll seine Hofburg-Ambitionen offiziell ad acta.

Auch Oberösterreichs Landeshauptmann Josef Pühringer (ÖVP) hält es für falsch, "einen Zählkandidaten aufzustellen, der wahrscheinlich keine Chance haben wird" - mehr dazu in ooe.ORF.at.

Finanzielles Verlustgeschäft
Auch finanzielle Überlegungen könnten eine Rolle bei der Entscheidung spielen. Denn die Wahlkampfkosten für die Bundespräsidentenwahl werden nicht rückerstattet. Entsprechend riskant ist auch das Antreten. Denn neben einer finanziellen Verlustaktion sind die realistischen Chancen, sich gegen Amtsinhaber Fischer durchzusetzen, gering.

Das räumte auch Vizekanzler Pröll ein: Die Geschichte zeige, dass ein Kandidat, der sich der Wiederwahl stellt, diese immer klar für sich entschieden habe.

Grüne setzen Fokus auf Landtagswahlen
Am Donnerstag legten sich auch die Grünen fest. Es werde keinen Kandidaten der Grünen geben, verkündete Bundessprecherin Eva Glawischnig. Die Partei wolle sich weiterhin voll auf die drei wichtigen Landtagswahlen im Burgenland, in der Steiermark und in Wien konzentrieren.

Das BZÖ will die Entscheidung der anderen Parteien abwarten.

Tauziehen Strache vs. Rosenkranz
Einzig die FPÖ äußerte sich, dass sie auf jeden Fall jemanden aus den eigenen Reihen gegen Fischer antreten lassen will. Als Favoritin gilt die Landesparteiobfrau der niederösterreichischen FPÖ, Barbara Rosenkranz. Allerdings findet gerade ein ungewöhnlich offenes Tauziehen zwischen ihr und FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache statt.

Unterstützer hatten das Antreten der Niederösterreicherin am Dienstag bereits als fix bezeichnet. Die Partei lancierte aber daraufhin eine interne Umfrage, wonach Rosenkranz zwölf Prozent, Strache 20 Prozent Wählerzuspruch bekäme. Endgültig soll am 5. März die Entscheidung fallen.

Immer wieder wurden auch die Namen des früheren FPÖ-Vizekanzlers Norbert Steger und des Dritten Nationalratspräsidenten Martin Graf ins Gespräch gebracht.

"Wollte Gesetz abschaffen"
Auch Ulrich Habsburg-Lothringen, früherer grüner Gemeinderat in Wolfsberg in Kärnten, hofft auf ein Antreten und pocht auf eine Abschaffung des Kandidaturverbots für seine Familie. Optimistisch zeigte er sich, ausreichend Unterschriften zu sammeln, die für seine Kandidatur notwendig sind. Er braucht 6.000 Unterstützungserklärungen - genauso wie Fischer.

"Ursprünglich wollte ich nur das Gesetz abgeschafft haben, wir wollten das auf dem juristischen Weg lösen", erklärte Habsburg-Lothringen seine Beweggründe für die Kandidatur. Dafür sei es aber nun zu spät: "Jetzt kann man nur mehr der rollenden Kugel nachlaufen."

Autoren, Sexhotlines und Funktionäre
Abseits der großen Parteien wollen einige Privatpersonen und Kleinparteien neben Fischer antreten. Der ehemalige steirische Richter Martin Wabl will erneut einen Anlauf versuchen und als "mahnendes Gewissen" die christlichen Werte stärker platzieren - mehr dazu in steiermark.ORF.at.

Auch der steirische Sexhotline-Besitzer Wolfgang Pöltl, der niederösterreichische Autor Hans Klawatsch, BZÖ-Funktionär Thomas Dolina, Raimund Bahr von der St. Wolfganger Bürgerliste und Rudolf Gehring (Christliche Partei Österreichs) wollen für ihr Antreten Unterstützungen sammeln.

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