Großstädte sicher wie vor 40 Jahren

Polizei hatte eher eine Welle der Gewalt während wirtschaftlich turbulenten Zeiten erwartet.
Trotz des stärksten Einbruchs der Wirtschaft seit den 30er Jahren ist die Kriminalität in den USA 2009 deutlich zurückgegangen. Die Zahl der Morde sei in einigen großen Städten so niedrig gewesen wie vor etlichen Jahrzehnten, zeigte eine aktuelle Statistik der Bundespolizei FBI.

Verglichen mit der ersten Jahreshälfte 2008 sank die Zahl der Gewaltdelikte im Vergleichszeitraum des vergangenen Jahres um 4,4 Prozent. Bei den Morden gab es ein Minus von zehn Prozent.

Noch deutlicher fiel die Verbrechensrate in den großen Metropolen New York, Chicago, Dallas und Los Angeles aus. Häufig wird davon ausgegangen, dass während Rezessionen Verbrechen zunehmen. Experten zufolge sind vorbeugende Strategien der Polizei für einen Teil des Rückgangs verantwortlich.

Gängiges Modell hat ausgedient
Zudem blieben viele Arbeitslose zu Hause und könnten Verbrechen in der Nachbarschaft schneller bemerken: "Wenn sie zu Hause sind, achten die Leute mehr, was bei ihnen auf der Straße und bei den Nachbarn passiert", meint Richard Rosenfeld, Kriminologieprofessor an der Universität von Missouri in St. Louis und Präsident der Amerikanischen Gesellschaft für Kriminologie.

Mit weniger Einkommen würden auch Bars und Nachtclubs weniger frequentiert werden, offenbar Hotspots für Vergehen und Verbrechen in den USA. Rosenfeld meint, dass das Modell der historischen Verbindung zwischen Rezession und steigender Verbrechensrate ausgedient habe.

Enorme Rückgänge in Großstädten
Die Polizei hatte eigentlich eine wahre Welle der Gewalt erwartet, doch das genau Gegenteil trat ein: In New York sank die Zahl der Morde auf das niedrigste Niveau seit Beginn der Aufzeichnungen Anfang der 60er Jahre. In Dallas waren es zuletzt 1967 so wenige.

Gesamt sank die Kriminalität in der größten Metropole der USA um elf Prozent, in Chicago waren es zwölf. Auch in Los Angeles sank die Zahl der Gewaltverbrechen um elf Prozent gegenüber 2008, Morde wurden um fast ein Fünftel, gegenüber 2005 sogar um mehr als ein Drittel weniger verübt.

Der Polizeichef der Stadt, Charlie Beck, kann sich diese Zahlen kaum erklären, verwies aber auf die gute Arbeit seiner Mannschaft des LAPD und die Erfolge, die die Behörden vor allem gegen gewalttätige Gangs erzielen konnten.

Gar kein Einfluss der Wirtschaftslage?
David Kennedy, Experte für Strafjustiz von der Universität in New York, sieht große nationale Trends und Drogenwellen als viel stärkere Faktoren für die Verbrechensentwicklung als die Ökonomie.

Er verweist etwa auch die Crack-Welle der späten 80er und frühen 90er Jahre und auf die Prohibition der 20er Jahre, als die Kriminalität stark wuchs. Dass sie danach wieder sank, hätte weniger mit der Großen Depression als vielmehr mit dem Ende des Schwarzmarkts für Alkohol zu tun gehabt.

Effekte der Obama-Politik
Rosenfeld will den Einfluss der Wirtschaftsentwicklung aber nicht ganz leugnen. In den 30er Jahren hätte etwa die New-Deal-Politik von Präsident Franklin Roosevelt positive Einflüsse auf die Verbrechensrate gehabt. Hilfsleistungen für Arbeitslose aus dem Wirtschaftspaketen von US-Präsident Barack Obama würden helfen, die Kriminalität zu bekämpfen.

Sollte die ökonomische Krise aber zu lange anhalten, könnten die Fortschritte der Polizei aber bald wieder vernichtet werden - nämlich dann, wenn bei der öffentlichen Sicherheit auf lokaler Ebene zu sparen begonnen wird.

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