Erste Zuchterfolge

Seit Jahrzehnten wird versucht, Thunfisch in Fischfarmen aufzuziehen - bisher mit mäßigem Erfolg.
Der weltweite Trend zu den rohen Fischhäppchen erschöpft die Bestände in den Weltmeeren. Doch allmählich scheinen langjährige Bemühungen Früchte zu tragen, Thunfisch vom Ei bis zur Schlachtreife zu züchten. Die Probleme dabei sind groß, ebenso aber auch der mögliche Profit.

Erste Versuche mit Fischfarmen
Eine australische Firma will demnächst erste kleine Mengen an Südlichem Blauflossenthunfisch aus ihrer Fischfarm auf den Markt bringen. Ein japanisches Unternehmen, das den teureren Nordpazifischen Blauflossenthunfisch züchtet, will 2013 mit dem Verkauf beginnen und bis 2015 jährlich 10.000 Fische liefern.

Schwierige Aufzucht
Ob Thunfischfarmen in großem Maßstab machbar werden, ist offen. Die Fische sind viel schwieriger aufzuziehen als Lachs und Shrimps. Sie sind groß und brauchen Platz zum Schwimmen. Sie laichen nur unter bestimmten Bedingungen. Bei manchen Versuchen überlebte weniger als ein Prozent der Jungfische. Und die übrigen fressen dermaßen viel, dass sie andere Fischarten auslöschen können.

Die meisten Thunfische, die heute aus der Zucht kommen, wurden nicht aus Eiern aufgezogen, sondern im offenen Meer gefangen und dann in Farmen gemästet - was den gefährdeten natürlichen Beständen nicht viel nützt.

Heißhunger auf "wahren Thunfisch"
Doch der Bedarf ist enorm. Allein die Japaner verspeisen 80 Prozent des Atlantischen und Pazifischen Blauflossenthunfischs, der beiden für Sushi besonders begehrten Arten. Man nennt sie "hon-maguro", was in etwa "wahrer Thunfisch" bedeutet. Kein Wunder also, dass die größte japanische Firma für Meeresfrüchte, Maruha Nichiro Holdings, ganz heiß auf den Fisch ist.

Minimale Überlebensrate
Maruha betreibt mehrere Thunfischfarmen wie beispielsweise in Kumano: In einer kleinen Bucht werden die Fische hier in zumeist 50 mal 80 Meter großen Netzgehegen gehalten. "Jahrelang hat man angenommen, dass es unmöglich ist, Thunfische in Farmen zu züchten", erklärt der Manager Takashi Kusano, der seit 20 Jahren daran arbeitet. "Der Thunfisch bleibt ein ewiges Rätsel."

Bei 28 Millionen Eiern des Pazifischen Blauflossenthunfischs betrug bei Versuchen in Maruhas Fischfarmen die Überlebensrate nur 0,4 Prozent. Die japanische Kinki-Universität schaffte sechs Prozent. Das klingt nicht viel, doch schließlich produziert ein Thunfisch Abermillionen Eier, und die Raten bessern sich.

Sehr stressempfindlich
Anders als andere Fische, die Sauerstoff besser durch das Maul aufnehmen können, müssen die bis zu 80 km/h schnellen Thunfische immer in Bewegung bleiben, damit die Kiemenatmung funktioniert. Jungfische, die noch nicht richtig steuern und bremsen können, rennen sich häufig an den Sperrnetzen zu Tode.

Ihre Ernährungsgewohnheiten und Krankheiten kennenzulernen habe Jahre gebraucht, berichtet Kusano. Dabei stellte sich auch heraus, dass Thunfische erstaunlich stressempfindlich sind.

Eine Handvoll von Maruhas Thunfischen soll nächstes Jahr laichen, womit ein ganzer Lebenszyklus abgeschlossen wäre. Die Kinki-Universität brachte es dieses Jahr schon auf 40.000 Jungfische aus Eiern von Zuchtfischen.

Moralische Frage zum Thunfischfutter
Auch wenn diese Hürde genommen ist, bleibt noch das Problem ihres unersättlichen Appetits. "Blauflossenthunfische sind wie Löwen oder Tiger. Sie stehen in der Nahrungskette ganz, ganz oben. Und sie fressen andere Fische. Also fängt man wildlebende Fische, um Blauflossenthunfische zu bekommen", erklärt Mike Hirshfield, wissenschaftlicher Leiter der Meeresschutzorganisation Oceana. "Sardellen, Sardinen und Heringe sind schon bis zum Äußersten befischt."

Das werfe die moralische Frage auf, dass Thunfisch mit relativ billigen Fischen gefüttert werde, die eigentlich die Menschen in Entwicklungsländern für ihre Ernährung brauchten.

Bald vegetarisches Futter für Fische?
Als Antwort darauf hat Maruha Thunfischfutter entwickelt, bestehend aus Fischmehl mit Ölen und Nährstoffen. Ihr Futter sei weniger umweltbelastend, mäste die Thunfische dreimal schneller, bestehe nur aus Fischen, die nicht zum menschlichen Genuss taugten, und könne bei Raumtemperatur gelagert werden, erklärt die Firma. Irgendwann will sie auch vegetarisches Thunfischfutter entwickeln.

750 Euro für einen Fisch
40 Kilo schwere Tiere von Maruhas Farm kosten rund 100.000 Yen (750 Euro). Der Nachteil von Zuchtthunfisch sei, dass er "nicht nach Fisch schmeckt und von fast weißer Farbe ist", erklärt Kazuo Sato, der seit über 30 Jahren einen Sushi-Laden führt. Doch er räumt ein: "Wir können heutzutage nicht mehr nur auf natürlichen Thunfisch bauen, und Zuchtthunfisch wird schon noch besser werden."

Yuri Kageyama, AP