Wenige Wochen nach Erscheinen folgt nun die Ernüchterung: Hegemann musste zugeben, sich für ihr Buch kräftig bei einem Blogger bedient zu haben, ohne diesen als Quelle zu nennen. Der Ullstein Verlag distanzierte sich von ihr.
Nah am Copy-Paste-Verfahren
Aufgebracht hat die Copy-Paste-Causa ein anderer Blogger, Deef Pirmasens. Ihm fielen Parallelen zwischen "Axolotl Roadkill" und "Strobo" auf, einem im vergangenen Jahr erschienen Buch seines Berliner Bloggerkollegen Airen.
Dort heißt es etwa an einer Stelle: "(...) für Erwachsene, mit farbigem Schattenspiel auf hyperrealen, aber durch Rohypnol etwas schlecht aufgelösten Vaselintitten (...)".
Bei Hegemann wird daraus: "Meine Existenz setzt sich momentan nur noch aus Schwindelanfällen und der Tatsache zusammen, dass sie von einer hyperrealen, aber durch Rohypnol etwas schlecht aufgelösten Vaselintitten-Installation halb zerfleischt wurde."
"Originalität gibt's sowieso nicht"
Von solchen Stellen gibt es eine ganze Handvoll. Die Gemeinsamkeiten sind nicht zu übersehen, und Hegemann selbst bestreitet auch gar nicht, sich bedient zu haben. Am Sonntag schickte Ullstein eine Erklärung der jungen Autorin an die Presse.
Zunächst rechtfertigt sich Hegemann, indem sie das Prinzip der Autorenschaft an sich hinterfragt: "Originalität gibt's sowieso nicht, nur Echtheit." Dann kommt sie auf die konkreten Vorwürfe zu sprechen: "Airen, von dem ich insgesamt eine Seite, ohne sie groß verändern zu müssen, regelrecht abgeschrieben habe, ist ein großartiger Schriftsteller (...)."
"Ich war total egoistisch"
Erst am Ende wird Hegemann kleinlaut: "Trotzdem habe ich natürlich einen legitimen Anspruch der Leute nicht berücksichtigt, weil mir die juristische Tragweite nicht bewusst und ich, so leid es mir tut, total gedankenlos und egoistisch war." Schließlich folgt eine förmliche Entschuldigung.
In der Mehrzahl schreibt Hegemann von "den Leuten", weil sie zumindest auch einen englischsprachigen Liedtext ("Fuck U" von Archive) teilweise ins Deutsche übersetzt und als Passage ihres Romans übernommen hat, ohne zu zitieren. Auch darauf wies Deef Pirmasens hin.
Verlag verweist auf Autorin
Der Ullstein Verlag verweist in seiner Aussendung auf die Verantwortung der Autorin. Man habe sie schließlich gefragt, ob sie Quellen verwendet habe, und sei von ihr nur auf ein Zitat von David Foster Wallace hingewiesen worden.
Nun versucht Ullstein, sich mit dem kleinen SuKuLTuR-Verlag, in dem Airens Buch erschienen ist, zu einigen. Quellen müssten genannt werden, das sei unstrittig, aber: "Über die Verantwortung einer jungen, begabten Autorin, die mit der 'Sharing'-Kultur des Internets aufgewachsen ist, mag man streiten."
Debattiert wird in Blogs und Foren aber auch über die Rolle des Verlags. Schließlich sei Hegemann minderjährig - eine ausführlichere Betreuung und Kontrolle durch Ullstein wäre deshalb angebracht gewesen, heißt es sinngemäß.
Buchhinweise
Helene Hegemann: Axolotl Roadkill. Ullstein Verlag, 208 Seiten, 15,40 Euro.
Airen: Strobo. SuKuLTuR, 170 Seiten, 17 Euro (Preis von Amazon Deutschland).
Links:
- Airen
- Die gefühlskonserve (Deef Pirmasens)
- Helene Hegemann (MySpace)
- Ullstein Verlag