Kündigen für Bonusmeilen

Clooney ist für seine Rolle als beziehungsarmer Rausschmissprofi für den Oscar nominiert.
Es ist vermutlich nur ein geringer Trost, wenn man durch jemanden wie George Clooney gefeuert wird. In seinem neuesten Film "Up in the Air" mimt er einen hauptberuflichen Kündigungsüberbringer, der jede Bodenhaftung verloren zu haben scheint.

Am Freitag startet der neue Film des amerikanischen Regisseurs Jason Reitmann in den Kinos, der damit eine nachdenkliche Komödie im Schatten der aktuellen Wirtschaftslage präsentiert.

"Up in the Air" thematisiert die immer ausgefeilteren Kommunikationsmethoden, bei denen sich niemand mehr in die Augen blicken muss. Und es geht um die Wahl zwischen Individualität und den Zwängen, die enge Beziehungen mit sich bringen.

Entlassung per Kurier
Die Wirtschaftskrise fordert Opfer: Weil die Unternehmensführer nicht den Mut oder die Lust dazu haben, ihre Angestellten zu kündigen, boomt das Geschäft von Ryan Bingham (Clooney).

Der Unternehmensberater fliegt Tag für Tag kreuz und quer durch die USA, um Menschen über ihre Entlassung zu informieren.

Flugmeilen als Lebensziel
Was nicht gerade wie ein Wunschjob klingt, ermöglicht Bingham die Erfüllung seiner Träume. Er ist leidenschaftlicher Vielflieger und liebt es, nie wirklich anzukommen, sondern ständig unterwegs zu sein.

Sein persönliches Ziel ist es, die Zehn-Millionen-Flugmeilen-Grenze zu überschreiten und als Vielflieger ausgezeichnet zu werden - inklusive persönlicher Ehrung durch einen Piloten.

Frauen bringen Clooney ins Wanken
Binghams irdisches Leben wirkt nicht besonders verlockend. Sein selten frequentiertes Appartement in Omaha wirkt wie ein unpersönliches Hotelzimmer, auch privat betont er, wie wichtig es ihm ist, ungebunden zu sein.

Das isolierte Lebensmodell wird durch zwei Frauen abrupt ins Wanken gebracht. Eine zunächst harmlose Bettgeschichte mit der ebenfalls vielfliegenden Geschäftsfrau Alex (Vera Farmiga) und die neue, übereifrige Kollegin Natalie (Anna Kendrick) führen ihm vor Augen, wie instabil sein Leben ohne Bindungen ist.

Laiendarsteller als Kündigungsopfer
Seinen Job erledigt Bingham mit großem Einfühlungsvermögen und gleichzeitig unverbindlichster Professionalität. Ihm gegenüber sitzen, bis auf wenige Ausnahmen, keine Schauspieler, sondern Menschen, die auch in Wirklichkeit ihren Job verloren haben.

Regisseur Reitmann möchte so die Reaktionen auf die Kündigungen wahrhaftiger, emotionaler und für das Publikum glaubhafter transportieren.

Sechs Oscar-Nominierungen
Bei den Oscar-Nominierungen konnte "Up in the Air" gleich sechsmal punkten: Neben Clooney als bester Schauspieler sind Farmiga und Kendrick Anwärterinnen auf die Trophäe für die beste weibliche Nebenrolle. Zusätzlich hat der Film Chancen als bester Film und in den Kategorien "Bestes Drehbuch nach einer Vorlage" und "Beste Regie".

Rolle auf den Leib geschneidert
Der Regisseur ist ein Spezialist für ambivalente Charaktere. Sein Protagonist in "Thank You For Smoking" war ein Raucherlobbyist, seine Protagonistin in "Juno" ein schwangerer Teenager.

In Clooney fand Reitman den optimalen Darsteller für den Einzelgänger aus Leidenschaft: Auch in Wirklichkeit kann und will der 49-jährige Schauspieler trotz seiner andauernden Liasion mit dem italienischen Showgirl Elisabetta Canalis seinen Ruf als eingefleischter Junggeselle nicht abschütteln.

Als Bingham ist er souverän, smart, angenehm selbstironisch und vorerst jederzeit Herr der Lage - dennoch gerät seine Welt aus den Fugen.

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