Bill Clinton statt Barack Obama

Von Jubelstimmung ist beim 40. Wirtschaftstreffen in Davos keine Spur.
US-Präsident Barack Obama wäre auf dem am Mittwoch beginnenden Weltwirtschaftsforum in Davos der Star. Er könnte seine Pläne, die Banken an die Kette zu legen, im Schweizer Wintersportort offensiv vertreten, und seine Zuhörer wären hochkarätige Experten aus der Branche.

Doch die US-Regierung wird auf dem Treffen der 2.500 Führungseliten aus Politik und Wirtschaft bis Sonntag kaum vertreten sein. Überhaupt macht sich Prominenz in diesem Jahr in Davos rar, wenn man einmal von Schlagerstar Udo Jürgens und Dauergast Bill Clinton absieht.

"Überdenken, umgestalten, erneuern"
Die Eröffnungsrede hält immerhin Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy. Seinen Vorschlägen für die Gesundung des internationalen Finanzsystems sind bisher allerdings ebenso wenig konkrete Taten gefolgt wie denen von Deutschlands Bundeskanzlerin Angela Merkel. Sie hatte im vergangenen Jahr in Davos ohne großes Echo einem Weltwirtschaftsrat ähnlich dem UNO-Sicherheitsrat das Wort geredet.

Ratlosigkeit inmitten der Krise dürfte das Davoser Treffen zu seinem 40. Jubiläum überschatten, auch wenn die Organisatoren um den deutschen Professor Klaus Schwab nicht müde werden zu betonen, sie hätten die Zeichen der Zeit erkannt. Ihr Motto des Treffens - "Den Zustand der Welt verbessern: überdenken, umgestalten, erneuern" - sei aber wohl eher eine selbstverständliche Zustandsbeschreibung für Führungseliten, bemerkten Kritiker.

Düstere Prognosen
Wichtiger ist da schon der Ansatz Schwabs, dass der Welt nach Finanz- und Wirtschaftskrise eine soziale Krise bevorstehe. "Sie wird geprägt sein durch erhöhte Arbeitslosigkeit wie sinkende Kaufkraft und dadurch, dass die Menschen wieder ein ausgeprägtes Gefühl für Gerechtigkeit haben", sagte er kürzlich der "Süddeutschen Zeitung".

Gardinenpredigt des Gastgebers
Und Schwab scheut sich auch nicht, seiner eigenen Kundschaft auf die Finger zu klopfen. Er spricht sich für eine Begrenzung der Managergehälter aus. "Das 20-Fache des Mindestsalärs (Mindestgehalts) sollte die Obergrenze sein", schrieb er denjenigen ins Stammbuch, die seit 40 Jahren sein Weltwirtschaftsforum mit rund 30.000 Euro im Jahr als Beitrag finanzieren.

Das sind immerhin 1.000 Unternehmen. Boni in mehrfacher Millionenhöhe zeugten von mangelndem Verständnis für das, was im Moment vor sich gehe. "Wir können auf keinen Fall weitermachen wie bisher", mahnte der 71-jährige Übervater aller weltweiten persönlichen Netzwerke, der vor 40 Jahren mit einem Treffen von 444 Managern angefangen hatte. Davos ist eine Gedankenplattform und Begegnungsstätte. Entscheidungen fallen woanders.

Schwellenländer erheben Stimme
Erwartet werden statt Prominenz aus den USA in Davos vor allem hohe Persönlichkeiten aus Schwellen- und Entwicklungsländern, die zunehmend den Ton in internationalen Gremien angeben. Darunter befindet sich etwa der Präsident der Republik Korea und Chef des G20-Gipfels 2010, Lee Myung-Bak.

Aus China kommt der stellvertretende Premierminister Li Keqiang. Erwartet wird auch Luiz Inacio "Lula" da Silva, Präsident von Brasilien. Auch der südafrikanische Präsident Jacob Zuma will in den durch Polizei und Armee hermetisch abgeriegelten Wintersportort nach Graubünden kommen, den Thomas Mann mit seinem Roman "Zauberberg" verewigte. Zauberer - die wären in Davos 2010 wohl auch gefragt.

Heinz-Peter Dietrich, dpa

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