Mit Elektroschocker und Nägeln traktiert

Bruder des Kronprinzen wurde vom Vorwurf der Folter freigesprochen.
Das, was sich vor rund fünf Jahren in der Wüste von Abu Dhabi abgespielt hat, gehört sicher nicht zu den "Geschichten von Tausendundeiner Nacht": Drei Männer folterten einen Getreidehändler 45 Minuten lang mit Elektroschocker, Nagelbrett und Feuerzeug.

Einer der Folterknechte war der Bruder des Kronprinzen von Abu Dhabi, Scheich Issa bin Said Al Nahjan. Dennoch wurde er nun von einem Gericht in den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) freigesprochen. Ihm seien ohne sein Wissen Drogen verabreicht worden.

"Keine Kontrolle über sein Verhalten"
"Das Gericht sieht es als erwiesen an, dass sich Scheich Issa seiner Taten nicht bewusst war und keine Kontrolle über sein Verhalten hatte, weil ihm ohne sein Wissen Drogen und bewusstseinsverändernde Substanzen verabreicht worden waren", zitierte die Tageszeitung "Gulf News" am Freitag aus der schriftlichen Urteilsbegründung.

Der Freispruch erster Instanz war bereits am 10. Jänner in der Stadt Al Ain erfolgt, aber bei der mündlichen Verhandlung nicht weiter begründet worden.

Dreistündiges Video über die Folterungen
Die Tat, die bereits im Jahr 2004 begangen worden sein soll, wuchs sich Anfang des vergangenen Jahres zu einem handfesten Skandal aus, als ein Video von den Folterungen auftauchte. Die dreistündige Aufzeichnung zeigt, wie der gefesselte Getreidehändler in der Wüste von zwei Männern eine Dreiviertelstunde lang mit einem Elektroschocker und anderen Gegenständen gequält wird. Ein Dritter nahm die Tat auf Video auf.

Verbrennungen und Nägel
Auf dem Video ist zu sehen, wie die Männer die Genitalien des Händlers mit einem Feuerzeug verbrennen, einer der Männer schlägt mit einem Nagelbrett immer wieder auf den schreienden Mann ein.

Zuletzt mit Auto überfahren
Anschließend streuen ihm seine Peiniger noch Sand in die Wunden und stopfen ihm Hände voll davon in den Mund und in die Nase. Am Ende wird der Mann mit einem Auto überfahren.

Einer seiner beiden Peiniger trägt eine Polizeiuniform, bei dem zweiten soll es sich um den beschuldigten Scheich handeln.

Das Opfer soll ein afghanischer Getreidehändler gewesen sein, von dem sich Scheich Issa angeblich übervorteilt fühlte.

Pillen im Orangensaft
Nach internationalen Protesten wurde Scheich Issa im Mai 2009 unter Hausarrest gestellt. Der Urteilsbegründung zufolge soll der Bruder des Mannes, der das Video aufnahm, dem Orangensaft des Scheichs drogenhaltige Pillen beigemischt haben. Daraufhin habe der Scheich die Kontrolle über sich verloren.

1.926 Euro Schmerzensgeld
Die unter seiner Anleitung und Mitwirkung erfolgten Folterungen seien gefilmt worden, um ihn zu kompromittieren, ließ der Scheich über seinen Anwalt ausrichten. Die beiden Brüder, zwei Amerikaner arabischer Herkunft, die den Herrschern von Abu Dhabi als Berater dienten, wurden im selben Verfahren in Abwesenheit zu jeweils fünf Jahren Gefängnis verurteilt.

Dem gefolterten Afghanen sprach das Gericht eine Entschädigung in Höhe von 10.000 Dirham (1.926 Euro) zu.

Internationaler Protest
Die Begründung des Freispruchs, die weitgehend der Linie der Verteidiger des Scheichs folgte, dürfte die Wogen um den eklatanten Folterfall kaum glätten. Der Skandal verzögerte damals nach Informationen von CNN die Ratifizierung eines zivilen Atomvertrags zwischen den Vereinigten Arabischen Emiraten, zu denen Abu Dhabi gehört, und den USA.

Zuletzt hatten die Foltervorwürfe im vergangenen Mai Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU), damals noch deutscher Wirtschaftsminister, bei seinem Besuch in Abu Dhabi angesprochen und als "besonderes Anliegen" bezeichnet.

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