UNICEF schlägt Alarm

Der Ruf nach mehr Schutz für Kinder wird laut.
In Haiti sind nach Informationen des UNO-Kinderhilfswerks UNICEF 15 Kinder aus Krankenhäusern verschwunden. Wie UNICEF am Freitag in Genf mitteilte, besteht der Verdacht, dass die Kinder verschleppt wurden.

Vor Schleppern und Kinderhändlern, die die Situation in Haiti ausnützen, warnte neben UNICEF bereits etwa das entwicklungspolitische Kinderhilfswerk terre des hommes. Kinderhändler würden erfahrungsgemäß Notlagen wie jetzt in Haiti ausnutzen, teilte die Hilfsorganisation in Deutschland mit.

"Wir brauchen deshalb schnell Schutzmechanismen und konkrete Angebote, die verlassene Kinder aufnehmen und sie vor Verbrechen wie Kinderhandel und illegaler Adoption schützen", sagte Geschäftsführerin Danuta Sacher.

Warnung vor Auslandsadoptionen
UNICEF warnte ebenfalls vor überstürzten Auslandsadoptionen von Waisen. Familienzusammenführungen stünden nach dem verheerenden Erdbeben an erster Stelle, so eine Sprecherin. Falls die Eltern ums Leben gekommen seien, solle zunächst versucht werden, die Waisen bei Verwandten unterzubringen.

"Das letzte Mittel ist eine Auslandsadoption." Soweit irgendwie möglich, solle das Kind in seinem Geburtsland bleiben, empfahl die Sprecherin.

Keine Suche nach lebenden Verwandten
In vielen Fällen würden die Kinder so rasch ins Ausland gebracht, dass keine Zeit bleibe, nach überlebenden Verwandten zu suchen, kritisierten unter anderem die Organisationen World Vision und Save the Children. "Die Erfahrung hat gezeigt, dass die meisten Kinder überlebende Verwandte haben. Die Anstrengungen müssen dahin gehen, diese zu finden und die Familien wieder zusammenzuführen."

Derzeit habe das Internationale Rote Kreuz in Haiti mehr als 22.000 Personen auf Suchlisten registriert.

Neue Eltern in den Niederlanden
Derzeit verlassen jeden Tag Flugzeuge mit Dutzenden Kindern an Bord den Karibikstaat - Ziel ist meist Europa oder die USA. Am Donnerstag landete eine Maschine mit 106 Kindern aus der Hauptstadt Port-au-Prince etwa im niederländischen Eindhoven. Reporter berichteten, die Kinder seien zwischen sechs Monate und sieben Jahre alt gewesen.

Die Adoptionsagentur, die den Flug organisiert hatte, versicherte gegenüber Journalisten, dass bis auf neun Kinder alle bereits neue Eltern in den Niederlanden und Luxemburg hätten.

Nur mit Begleitung über Landesgrenze
Klare Adoptionsrichtlinien der haitianischen Regierung seien notwendig, forderten die Hilfsorganisationen. Besorgt sei man auch, dass die Kinder vermehrt ohne Begleitung in die benachbarte Dominikanische Republik geschickt würden. Kinder sollten Haiti derzeit nur in Begleitung von Verwandten verlassen dürfen, auch zur medizinischen Versorgung.

Kinder wurden bewusst in Heime gegeben
Viele der rund 50.000 Kinder, die vor dem Beben in Haiti in Krippen und Heimen untergebracht gewesen seien, seien von ihren Familien dorthin gebracht worden, um ihnen eine bessere Versorgung zu ermöglichen, so UNICEF.

"Wir erleben auch, dass Menschen bei uns in Köln anrufen und sagen: 'Ich könnte ein Kind bei mir aufnehmen'", berichtete der deutsche UNICEF-Sprecher Rudi Tarneden gegenüber der Nachrichtenagentur dpa. Das wäre laut Tarneden aber nicht im Interesse der Kinder.

"Stellen Sie sich umgekehrt einmal vor, in Hamburg oder Köln wäre ein schweres Erdbeben, und es würden Helfer aus China einfliegen und die Kinder von der Straße aufsammeln, um sie zu neuen Eltern zu bringen."

Schutzzentren für Minderjährige
UNICEF richtet in Haiti deshalb Schutzzentren für rund 900 Minderjährige ein. "Tausende Kinder im Erdbebengebiet schlagen sich allein durch. Sie sind von Mangelernährung, Krankheiten und Ausbeutung bedroht", sagte Tarneden. Geplant seien auch sichere Zonen für unter Fünfjährige im Katastrophengebiet.

Keine Adoptionen in Österreich
In Österreich gibt es laut Außenministerium bisher keine Anträge oder Interessenten für neue, rascher abgewickelte Adoptionen. Viele Anfragen verzeichne man allerdings wegen kurzfristiger Aufenthalte und Besuche von Opfern in Österreich. Viele wollten den traumatisierten Kindern helfen, so ein Sprecher. Diesbezüglich verweise man aber auf zuständige NGOs.

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