Neuer Höhepunkt in Opel-Krise

Auswirkungen auf deutsche Werke werden befürchtet.
Der Autohersteller Opel, Tochter des US-Konzerns General Motors (GM), will sein Werk in Antwerpen schließen. Das teilte das Unternehmen am Donnerstag in Rüsselsheim mit und bestätigte damit Angaben des Betriebsrates. Damit erreicht die Opel-Krise einen neuen Höhepunkt.

"Wir sind uns der Tragweite bewusst, die diese Ankündigung für die Beschäftigten in Antwerpen und ihre Familien hat, und fühlen mit ihnen", sagte Opel-Chef Nick Reilly.

"Rein wirtschaftliche Entscheidung"
Die Produktionskapazitäten in Antwerpen würden nicht mehr gebraucht, sagte der Opel-Chef: "Das hat nichts mit der Leistung der Arbeiter zu tun, es ist eine rein wirtschaftliche Entscheidung."

Magna-Nichteinstieg als Tüpfelchen auf dem i
Auch der Plan des austro-kanadischen Autozulieferers Magna International, der Opel von GM übernehmen wollte, hätte das Aus für Antwerpen bedeutet, hieß es aus Unternehmenskreisen.

"Kollektive Entlassung"?
"Wir beabsichtigen, die Produktion zur Jahresmitte einzustellen, ich weiß nicht, ob im Juni oder Juli, aber jedenfalls Mitte des Jahres", sagte Reilly. Ein nicht-genannter Gewerkschaftsvertreter sprach laut der Nachrichtenagentur Belga von "einer kollektiven Entlassung".

"Keineswegs ökonomische Elemente"
Die Entscheidung beruhe "auf politischen und keineswegs ökonomischen Elementen", sagte Walter Cnop von der belgischen Gewerkschaft CSC Metall. "Es ist ein Drama."

Opel will nun einen Käufer für das Grundstück und das Werk finden. Die Produktion soll dort etwa zur Jahresmitte gestoppt werden.

Betriebsrat will sich wehren
Der europäische Betriebsrat von Opel will sich gegen die geplante Schließung des Werks wehren. Die Beschäftigten würden bei der Sanierung von Opel keine Beiträge leisten, kündigten die Arbeitnehmervertreter am Donnerstag an. "Wir solidarisieren uns mit den Kollegen in Antwerpen", hieß es in der Mitteilung.

Die Beschäftigten sollten europaweit jährlich 265 Millionen Euro an Lohnzugeständnissen erbringen. Allerdings hatten sie gefordert, dass Opel auf Werksschließungen und betriebsbedingte Kündigungen verzichtet.

Keine Auswirkungen auf Wien-Aspern
Opel will offenbar von weiteren Werksschließungen absehen. Derzeit gebe es keine Pläne, weiterer Standorte zuzumachen, so Reilly.

Die Schließung in Antwerpen habe auf das Opel-Motorenwerk in Wien-Aspern keine Auswirkungen, hieß es am Donnerstag auf APA-Anfrage. Inzwischen sei fix, dass es keinen Personalabbau geben werde. "Wir haben vergangene Woche mit der Produktion der neuen Turbomotoren begonnen und sind gut ausgelastet", wurde betont.

Personalabbau auch in Deutschland geplant
In Deutschland würden "rund 4.000 Stellen" wegfallen, sagte Reilly. Der in Antwerpen mit rund 2.500 Beschäftigen produzierte Astra werde "auch an anderen Orten hergestellt", so Reilly. Zugleich seien die Produktionskapazitäten in der flämischen Stadt nicht so groß, dass sie nicht verlagert werden könnten.

Nach Informationen der deutschen Tageszeitung "Die Welt" soll die Produktion nach Bochum verlagert werden, wo ebenfalls Astras gebaut werden.

Wie viele Kunden gehen verloren?
In Europa galten neben Antwerpen die Werke in Bochum und Eisenach als gefährdet - für beide fasst GM jedoch Alternativen ins Auge.

Eine Werksschließung auf dem relativ kleinen belgischen Automarkt ist nach Einschätzung von Experten leichter möglich als beispielsweise in Deutschland. Hier könnte Opel als Reaktion der Bevölkerung auf die Schließung viel mehr Kunden verlieren. 2008 verkaufte Opel in Belgien knapp 53.000 Wagen, in Deutschland waren es 272.000.

Harter Sanierungsplan
Die Schließungsankündigung kam nicht überraschend. Schon seit längerem war bekannt, dass GM den Standort schließen will. Der Sanierungsplan von Opel sieht nach früheren Betriebsratsangaben aus Deutschland vor, heuer bis zu 8.300 der 48.000 Stellen in Europa abzubauen, vor allem in Deutschland und Belgien.

Höhepunkt auf Automarkt vorbei
Der westeuropäische Fahrzeugmarkt werde dieses Jahr rund 1,5 Millionen Autos weniger umfassen als 2009 und rund vier Millionen Fahrzeuge weniger als auf seinem Höhepunkt im Jahre 2007, so Reilly.

Es sei nicht zu erwarten, dass der Markt in naher Zukunft oder überhaupt zu diesem Niveau zurückkehren werde. Das führe zu einer erheblichen Überkapazität in der Industrie und insbesondere bei Opel. Daher müsse Opel seine Kapazitäten um rund 20 Prozent reduzieren.

Links: