Ein Freund der Schreiduelle

Ärger, Groll und Grant: Bonmots aus den Tagebüchern von Pinters Frau.
Als der britische Dramatiker Harold Pinter 2005 den Nobelpreis erhalten hat, war die Welt erstaunt. Viele kannten nicht einmal seinen Namen. Im Jahr 2008 verstarb er im Alter von 78 Jahren, bis dahin konnten sich Interessierte mit seinem Werk vertraut machen.

Nun tritt die Privatperson Pinter in den Vordergrund, weil seine zweite Ehefrau Antonia Fraser, mit der er 33 Jahre zusammen war, Auszüge aus ihren Tagebüchern in Buchform veröffentlichte. Die "Daily Mail" druckte jüngst einige Proben ab.

Erfrischend böse
Pinter-Biograf Michael Billington zeigte sich im "Guardian" begeistert. Viele Facetten des Autors würden nun zutage treten, von denen selbst er noch keine Ahnung hatte. Besonders die liebevolle, verliebte Seite des Autors habe ihn überrascht.

Denn Pinter war vor allem für eines bekannt: sein Grantlertum. In den Tagebüchern Frasers finden sich dafür zahlreiche, erfrischend böse und humorvolle Beispiele.

"Ich bin nicht Dein Butler"
So bekam etwa Schauspieler Steve McQueen 1976 sein Fett ab. Worüber die beiden gestritten haben, ist nicht bekannt. Fraser beschreibt lediglich, wie McQueen irgendwann sagte: "Schrei mich nicht an, Harold, ich bin nicht Dein Butler."

Pinter brüllte als Antwort: "Meinen Butler schreie ich nicht an!" McQueen habe damals übrigens einen Bart getragen und eine Löwenmähne gehabt, um auf der Straße nicht erkannt zu werden.

Wüste Beschimpfungen
Weder das Alter noch die Verleihung des Nobelpreises stimmten Pinter milde. Als 2006 ein Stück von ihm mit großem Erfolg aufgeführt wurde, meldeten sich viele Bekannte am Telefon, weil sie sich einige der heiß begehrten Karten sichern wollten.

Pinter verlieh seiner Freude über das Interesse an seiner Arbeit durch wüste Beschimpfungen Ausdruck. Das Netteste, was er ins Telefon gebrüllt habe, sei noch gewesen: "I'm not a fucking box office."

"And she fucks me, too"
Überhaupt scheint er eine Vorliebe für koitales Vokabular gehabt zu haben. Als Pinter der British Library 2008 sein Archiv vermachte, wurde er zu einer Übergabezeremonie eingeladen. Er sagte zu seiner Frau, er habe ein unveröffentlichtes Gedicht gefunden, das er bei dieser Gelegenheit vorlesen wolle.

Fraser rechnete angesichts der schweren Krankheit ihres Mannes und seines hohen Alters mit einem Liebesgedicht für sie. Weit gefehlt. Nachdem ein Vertreter der Bibliothek Pinters lyrischen Gebrauch von Sprache gelobt hatte, begann dieser seine neu entdeckten Verse vorzulesen, in deren Zentrum stand: "Do you fuck him/And she fucks me, too".

Darauf ließ er noch einige improvisierte Wortspiele mit "fuck" folgen. All die Männer in Anzügen seien reglos im Publikum gesessen oder auf der Tribüne gestanden, erinnert sich Fraser. Nur sie selbst habe sich vor Lachen geschüttelt.

Groll und Ärger
Als reflektierter Mensch und Intellektueller wusste Pinter selbstredend von dem Eindruck, den er in der Öffentlichkeit vermittelte. Und auch Fraser wusste, worauf sie sich mit diesem Mann an ihrer Seite einließ.

Sie berichtet von einem Treffen zwischen Pinter und dem späteren Literaturnobelpreisträger V. S. Naipaul im Jahr 1976. Die beiden hätten dabei über einen Themenkomplex so genüsslich und expertenhaft diskutiert, wie andere über Wein debattieren. Was die beiden beschäftigte: die Begriffe Groll und Ärger.

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