Mehrere Geiselnahmen

Die Schwerverbrecher hielten ein Ehepaar zehn Stunden in ihrer Gewalt.
Am Donnerstag ist den beiden deutschen Schwerverbrechern Michael Heckhoff und Paul Peter Michalski die Flucht aus der als ausbruchssicher geltenden Justizvollzugsanstalt (JVA) Aachen geglückt. Sie öffneten fünf schwere Türen mit einem Schlüssel, dürften dabei aber Hilfe gehabt haben: Ein 40-jähriger Justizbediensteter steht im Verdacht, die beiden unterstützt zu haben. Am Samstag wurde Haftbefehl gegen ihn erlassen.

Schülerin als Geisel genommen
Mit zwei Pistolen und einigen Schuss Munition aus einem JVA-Tresor machten sich die beiden auf den Weg. Mit Taxis ging es nach Kerpen und weiter nach Köln. Dort zwangen sie am Freitagnachmittag eine 19-jährige Schülerin aus dem Raum Köln, sie mit ihrem Wagen nach Essen zu fahren. Dort ging ihnen der Sprit aus. Auf der Ruhrbrücke in Essen-Kettwig blieb der Wagen liegen. Die beiden flüchteten zu Fuß weiter - und ließen ihr Opfer unverletzt im Wagen sitzen.

Kein Fahndungserfolg in Essen
Die Schülerin informierte die Polizei. Sofort wurde die Großfahndung auf den Essener Süden konzentriert. In der Gegend gibt es viele Versteckmöglichkeiten: Wälder, Gartenhäuser, Bootshäuser. Spürhunde kamen zum Einsatz. Ein Hubschrauber mit Wärmebildkamera kreiste über dem Stadtteil.

SEK-Beamte standen an wichtigen Straßen in Essen-Werden und beobachteten den Verkehr. Trotz vieler Hinweise aus der Bevölkerung und Durchsuchungen von Lauben und Waldstücken blieben die beiden verschwunden.

In Haus eines Ehepaares eingebrochen
Erst Samstagabend meldete sich ein 56-jähriger Mann aus Essen. Er sei gerade zusammen mit seiner Frau von den beiden Ausbrechern in einem Waldgebiet in der Nähe der Ruhrtal-Autobahnbrücke ausgesetzt worden. Sie seien mit seinem Wagen auf der Flucht.

Die Ausbrecher waren gegen 8.00 Uhr in das Haus der Eheleute in Essen-Werden eingedrungen und bis 17.30 Uhr geblieben - mitten in der von der Polizei besonders beobachteten Region. "Sie aßen und tranken, guckten Fernsehen, duschten, zogen sich um, und einer der beiden schlief ein paar Stunden", hieß es im Polizeibericht. Mit Schusswaffen zwangen sie das Ehepaar, ruhig zu bleiben.

Flucht mit schwarzem BMW
Gegen 17.30 Uhr ließen sich die Ausbrecher dann von den Eheleuten in deren BMW nach Mülheim fahren. Dort setzten sie die beiden rund eine Stunde später ab und fuhren weiter. Das Essener Ehepaar blieb unverletzt. "Es ist wohlauf und wird bei Bedarf psychologisch betreut", berichtete die Polizei.

Kurzfristig landesweiter Alarm ausgelöst
Am Samstagabend wurde landesweiter Großalarm ausgelöst. An den Grenzen zu Belgien und den Niederlanden wurden Autos kontrolliert. Überall im Land war die Polizei in höchster Alarmbereitschaft. Um Mitternacht wurde der Alarm zurückgenommen und "normal" weitergefahndet.

Heckhoff am Sonntag überwältigt
Am Sonntagvormittag entdeckten Passanten den Fluchtwagen um 10.15 Uhr in der Mülheimer Innenstadt. Bevor Heckhoff ins Gefängnis kam, hatte er dort einige Jahre gelebt. Auch eine Geiselnahme hatte er im Raum Essen/Mülheim bereits verübt. Der 50-Jährige hielt sich in der Nähe auf und wurde um 11.03 Uhr von einem Spezialeinsatzkommando überwältigt.

Festnahme war Verwechslung
Michalski war weiter auf der Flucht. Am Sonntagnachmittag überwältigten Spezialkräfte einen Verdächtigen. Er hatte große Ähnlichkeit mit dem Gesuchten, es stellte sich aber heraus, dass es sich nicht um Michalski handelte.

Die Polizei veröffentlichte eine neue Personenbeschreibung des verurteilten Mörders und wies darauf hin, dass man ihm jederzeit begegnen könne. Und immer wieder wurde von der Polizei betont, dass Michalski "vermutlich bewaffnet" ist und als äußerst gefährlich gilt.

Auch ein weiterer Tipp, dass sich Michalski in einem Hochhaus in Mülheim aufhielt, erwies sich kurz darauf als Reinfall. Die Ermittler konnten nur eine Tasche der beiden Ausbrecher sicherstellen.

Falsche Hinweise
Montagabend wurde Michalski aufgrund von Angaben aus der Bevölkerung schließlich in Gütersloh vermutet. Doch auch das erwies sich als falscher Alarm. Dienstagfrüh riefen die Behörden den weiter flüchtigen 46-Jährigen via Medien auf, den Notruf 110 zu wählen und sich zu stellen.

Ende ohne Verletzte
Möglicherweise kannten die Behörden zu diesem Zeitpunkt das Versteck Michalskis bereits. Wenige Stunden später jedenfalls überwältigte ein Spezialeinsatzkommando den Mörder. Die fünftägige Fahndung mit Großeinsatz der Polizei, die ganz Deutschland in Atem hielt, ging ohne Verletzte zu Ende.

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