Rekordhalter ist John Updike. Er war bereits viermal nominiert und hat schließlich im Vorjahr für besondere Verdienste den Preis für sein Lebenswerk auf diesem Gebiet verliehen bekommen.
Littell erneut preisgekrönt
Aber auch heuer fanden sich klingende Namen unter den Nominierten: Philip Roth, Nick Cave, Amos Oz, John Banville und einige mehr. Das Rennen machte am Montagabend schließlich der junge, vielgepriesene französisch-amerikanische Autor Jonathan Littell.
Er wird sich neben dem Prix Goncourt nun den Schmuddelsexpreis ins Regal stellen können. Beide Auszeichnungen erhielt er für seinen hochgelobten Weltkriegs- und Holocaust-Roman "Die Wohlgesinnten". Selbst der Jury der "Literary Review" war klar, diesmal einen hochsensiblen Autor mit einem ernsten Text an den Pranger gestellt zu haben.
Sie nannte das Buch denn auch "in weiten Teilen genial" und appellierte in ihrer Erklärung an Littell, die Anti-Auszeichnung mit Humor zu nehmen. Der Autor selbst meldete sich bisher nicht zu Wort, sein Agent bestätigte lediglich, dass er den Preis annehme.
"Wie ein weichgekochtes Ei"
Den hat er sich auch verdient, wie man auf der Website der "Literary Review" nachlesen kann, wo die betreffenden Passagen aus den nominierten Texten auf Englisch nachzulesen sind.
In überdeutlichen Worten beschreibt Littell etwa, wie er eine Frau in einer Guillotine drapiert, sie fesselt und danach animalischen Sex mit ihr hat. Der Sadomasoanteil ist hoch, er wird aber sprachlich so umgesetzt, dass man weniger schockiert als amüsiert ist - ob der unbeholfenen Sprache.
Der Protagonist kommt schließlich zum Höhepunkt - und wahrscheinlich war es auch dieser Satz, der die Jury des "Bad Sex Award" am meisten beeindruckte: "Ich kam plötzlich - ein Ruck, der meinen Kopf leerte wie ein Löffel, der die Innenseite eines weichgekochten Eis auskratzt."
Roths grüner Dildo
Aber das Rennen um Platz eins dürfte knapp gewesen sein. Philip Roth glänzte mit lesbischem Sex und grünem Dildo. Bei Nick Cave hätten sie eigentlich das halbe Buch "Der Tod des Bunny Monro" zitieren können, entschieden sich aber für eine Passage, in der die Hauptfigur mit ihrem "imposanten" Geschlechtsteil die nicht weniger überzeugende Beckenbodenmuskulatur der Partnerin austestet.
John Banvilles unbeholfene Romantik gipfelt im Herz des Liebhabers, das "wie in einem Käfig rattert", wobei die Venen "wie Tom-Toms schlagen". Amos Oz versucht es mit Wassermetaphorik, da schickt die Frau dem Mann "wundervolle Segelboote über den Ozean seines Rückens", sein "Stolz schwillt an" ob der "Wellen" ihrer Erregung.
Sex nach der Gebrauchsanweisung
Über solche Texte kann Sarah Duncan, eine britische Autorin, die vornehmlich leichte Kost für Frauen schreibt, nur den Kopf schütteln. Im Bücherblog des "Guardian" geht sie der Frage nach, warum es in der Literatur so oft zu schlechtem Sex kommt.
Viele Schriftsteller, kritisiert Duncan, würden Literatur über Sex wie Gebrauchsanweisungen für Elektronikgeräte schreiben. Es komme nicht darauf an, was Paare im Bett tatsächlich tun, sondern auf ihre emotionalen Reaktionen während des Geschehens. Man solle sich nicht zu sehr in technischen Details verlieren, sondern dem Leser Spielraum für seine eigene Fantasie lassen.
Drei Minuten Vorspiel
Duncan vermutet, dass Männer nicht zufällig so überproportional unter den Nominierten zu finden sind: "Man kann es mit dem echten Leben vergleichen: Männer machen sich nicht viel aus dem Vorspiel. Vom Losstarten bis zum Schluss braucht ein Mann durchschnittlich drei Minuten, eine Frau 13."
Rüde seien Männer auch in der Wahl der Sprache. In der Literatur würden Alltagsbegriffe nicht funktionieren, etwa die zahlreichen Synonyme für Penis. Duncan nennt einige davon wie "dick", "willie" und "member" - letzteren Begriff bemüht Nick Cave in seinem Buch.
Da müsse man als Frau kichern. Und während Lachen beim echten Sex an sich eine gute Sache sei, würde es beim Lesen eher das Scheitern von Erotik anzeigen.
Das Sexrezept
Vor allem ihren männlichen Kollegen will Duncan mit auf den Weg geben, was Frauen mögen: Subtilität und Einfühlungsvermögen. Guter Sex in der Literatur würde im Prinzip nicht anders aussehen als im echten Leben. Und über den habe bereits Henry Millers Liebhaberin Anais Nin alles gesagt, was es zu sagen gibt:
"Ohne Gefühle, neue Ideen, Stimmungen gibt es keine Überraschungen im Bett. Sex muss vermengt werden mit Tränen, Lachen, Worten, Versprechen, Szenen, Eifersucht, Neid, allen Arten von Angst, Reisen ins Ausland, neuen Gesichtern, Romanen, Geschichten, Träumen, Fantasie, Musik, Tanzen, Opium und Wein."
Buchhinweise
Jonathan Littell: Die Wohlgesinnten. Berlin Verlag, 1.482 Seiten, 28.80 Euro.
Philip Roth: The Humbling. Houghton Mifflin, 160 Seiten, ca. 15 Euro.
Nick Cave: Der Tod des Bunny Munro. Kiepenheuer und Witsch, 320 Seiten, 20,60 Euro.
Amos Oz: Verse auf Leben und Tod. Suhrkamp, 120 Seiten, 7,20 Euro.
John Banville: The Infinities. Pan Macmillan, 256 Seiten, ca. zwölf Euro.
Links:
- Bad Sex Award ("Literary Review")
- "Guardian"-Blogeintrag