Die großangelegte Rückrufaktion wird nach Angaben des Zentralen Kreditkartenausschusses (ZKA) von Banken und Sparkassen Kunden sämtlicher Institute in Deutschland betreffen. "Alle Banken sind betroffen", zitierte die Tageszeitung "Welt" (Online-Ausgabe) am Mittwoch ZKA-Sprecher Steffen Steudel. Konkrete Zahlen wollte er allerdings nicht nennen.
"Hunderttausende Karten getauscht"
Nach Informationen der "Welt" werden in diesen Tagen Hunderttausende Kreditkarten von Visa und MasterCard in Deutschland umgetauscht. Neben Kunden der Sparkassen seien Deutsche Bank, Postbank und weitere private Banken sowie die Volks- und Raiffeisenbanken betroffen.
"Relevante Gefahr"
Nach Angaben des Bankgewerbes ist der Einzug und Umtausch der Kreditkarten wegen des Verdachts auf Datendiebstahl bei einem Dienstleister in Spanien aber rein präventiver Natur.
Frank-Christian Pauli, Bankenexperte beim deutschen Bundesverband der Verbraucherzentralen, geht dagegen von einer "relevanten Gefahr" aus, wenn Unternehmen in diesem Maße aktiv werden, berichtete der "Spiegel" (Online-Ausgabe). Wie groß das Problem allerdings tatsächlich sei, wisse auch er nicht.
Befürchtet wird ein Betrug mit gefälschten Überweisungen, auch wenn bisher noch keine Schadensfälle bekanntwurden. Die deutsche Kreditwirtschaft habe auf eine Warnmeldung von Visa und MasterCard reagiert, hieß es.
Umtauschaktionen laufen bereits
Allein die Volksbanken tauschen nach Angaben des Bundesverbands der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken 60.000 Karten um.
Zuvor hatte die KarstadtQuelle Bank nach "FTD"-Angaben 15.000 Karten aus dem Verkehr gezogen. In der Vorwoche gab die Deutschland-Tochter von Barclays bekannt, ebenfalls Tausende Karten auszutauschen.
Am Wochenende räumte zudem die Lufthansa ein, Tausende ihrer "Miles & More"-Karten mit Bezahlfunktion zurückzunehmen. Auch ein Sprecher der Deutschen Bank bestätigte, dass derzeit mehr Kreditkarten ausgetauscht würden als üblich.
Nicht nur Spanien-Reisende gefährdet
Gefährdet sind nach "FTD"-Informationen nicht nur Karten, die in Spanien genutzt wurden. Betroffen sein könnten auch Kreditkarten, die beim Einkauf in Deutschland eingesetzt wurden, wenn der Handelspartner seinen Zahlungsverkehr über den Dienstleister in Spanien abgewickelt hat.
Nach ZKA-Angaben müssen aber nicht alle Reisenden, die in den vergangenen Monaten in Spanien ihre Kreditkarte benutzten, ihre Karte austauschen.
ZKA-Sprecher Steudel erläuterte am Dienstag, die Kreditkartenunternehmen MasterCard und Visa hätten den Banken Listen mit den Nummern der gefährdeten Karten übermittelt.
Auch Österreich betroffen?
Auch in Österreich begann die Erste Bank am Montag damit, Inhaber der Erste Visa Card, die in den vergangenen Monaten in Spanien oder bei einem spanischen Online-Shop einkauften, anzurufen und ihnen die Sperre der Karte anzubieten. Die Rückrufaktion wurde mittlerweile abgeschlossen, teilte die Bank am Mittwoch mit.
Die österreichischen Kartendienstleister PayLife und Card Complete hatten bis Dienstag noch keine Karten ausgetauscht.
Wie viele Kunden von der Erste Bank einen Anruf bekommen, wollte das Kreditinstitut nicht sagen. Es gebe eine Vereinbarung mit dem Kriminaltechnischen Dienst und internationalen Behörden, die Zahl der Betroffenen nicht bekanntzugeben. Nur ein Prozent der Erste-Bank-Kunden mit Kreditkarte besitze aber eine Erste Visa Card.
Unternehmen beruhigen
Der Großteil der Kreditkarten, die in Österreich in Umlauf sind, wird von Card Complete und PayLife ausgegeben. Beide Anbieter betreuen jeweils rund 1,1 Mio. Visa-Karten und MasterCards.
Card-Complete-Chef Heimo Hackel zufolge "brauchen die Kunden keine Sorge haben". Bei derartigen Fällen würden "besondere Regeln ins System eingebaut", damit verdächtige Transaktionen erkannt und verhindert werden könnten.
Auch PayLife verwies gegenüber der APA auf das "komplexe Monitoring-System". "Wir machen keinen generellen Austausch", sagte eine Sprecherin. Erst bei einem konkreten Verdacht bekämen die Kunden sicherheitshalber eine neue Karte.
Bankinstitute "verstärkt aufmerksam"
Bei den Volksbanken seien "keine Problemfälle aufgetaucht", sagte ein Sprecher. Auch der BAWAG ist diesbezüglich "nichts bekannt", man sei aber verstärkt aufmerksam, so eine Sprecherin.
Für Raiffeisen werden die Kreditkarten über Card Complete und PayLife vertrieben. Es gebe derzeit keinen Schadensfall eines Raiffeisen-Kunden, sagte ein Sprecher. Auch bei der Bank Austria, die die Kreditkarten ebenfalls über Card Complete und PayLife abwickelt, sind laut einem Sprecher bisher keine Kunden betroffen.
Offensichtlich wisse der spanische Abwickler, welche Daten ausgelesen wurde, sagte Hackel. Die meisten betroffenen Kunden stammten aus Deutschland und Großbritannien.
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