"Wir sind Berlin"

Der britische Premier Gordon Brown meinte, der Mut der Berliner habe die Welt verändert.
Genau 20 Jahre nach dem Fall der Berliner Mauer ist am Brandenburger Tor noch einmal eine symbolische Mauer aus 1.000 Steinen umgestürzt. Zehntausende Menschen jubelten, als die zweieinhalb Meter hohen bemalten Dominosteine aus Kunststoff am Montagabend umfielen.

Die von Berliner Jugendlichen und Künstlern aus aller Welt bemalten Styroporquader waren über eine Länge von eineinhalb Kilometern entlang dem einstigen Verlauf der Mauer zwischen Reichstag, Brandenburger Tor und Potsdamer Platz aufgestellt worden.

"Fest der Freiheit"
Die ersten Steine der Dominokette stießen der Mitbegründer der polnischen Gewerkschaft Solidarnosc, Polens Ex-Präsident Lech Walesa, und Ungars früherer Ministerpräsident Miklos Nemeth um. Damit wurde ihre Rolle als Wegbereiter der Maueröffnung gewürdigt.

Eine weitere Mauer durften EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Durao Barroso und EU-Parlamentspräsident Jerzy Buzek umstoßen. Das "Fest der Freiheit" war am Abend als Höhepunkt der Jubiläumsfeiern mit einem Konzert am Brandenburger Tor eröffnet worden.

Gute Laune trotz miesen Wetters
Weder die zahlreichen Staatsgäste, die von Deutschlands Bundeskanzlerin Angela Merkel zum Auftakt durch das Brandenburger Tor geführt wurden, noch die einfachen Besucher ließen sich dabei die Laune vom nasskalten Wetter verderben.

Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy wippte angeregt mit dem Fuß, als das Orchester der Staatsoper Berlin unter Daniel Barenboims Leitung "Berliner Luft" intonierte; Merkel lachte, US-Außenministerin Hillary Clinton lächelte. Ernster wurde es bei den Ansprachen.

Auch Sarkozy ist ein Berliner
Sarkozy interpretierte den Mauerfall als "Aufruf an uns alle, Unterdrückung zu bekämpfen". "Wir sind Berlin", rief er den Zuschauern zu. Der britische Premier Gordon Brown meinte, der Mut der Berliner habe die ganze Welt verändert.

Russlands Präsident Dimitri Medwedew betonte, der Mauerfall sei auch durch die Ereignisse in der damaligen Sowjetunion möglich geworden. Das Ereignis habe die Epoche der Konfrontationen beendet. Auf Deutsch beendete er seine Rede mit: "Ich wünsche Ihnen viel Erfolg."

Merkel fordert Kampf für Freiheit
Merkel mahnte als Gastgeberin: "Freiheit entsteht nicht von selbst. Freiheit muss erkämpft werden." Sie erinnerte auch an die Nazi-Pogromnacht vom 9. November 1938 und sprach vom "dunkelsten Kapitel deutscher Geschichte".

Den Abschluss der Feiern bildete ein Feuerwerk. Das Fest in Berlin überschattete dabei Gedenkveranstaltungen in vielen anderen Städten entlang der einstigen deutsch-deutschen Grenze. In mehreren europäischen Hauptstädten fanden ebenfalls Aktionen statt.

Jeder Stadt ihr Mauerfall
Vor allem in vielen ex-kommunistischen Ländern wurde des Mauerfalls gedacht: Im polnischen Warschau wurde eine Mini-Plastikmauer umgestoßen, in der bulgarischen Hauptstadt Sofia eine 20 Meter lange Mauerinstallation aufgebaut und wieder niedergerissen.

In Zagreb wurde die Mauer aufgestellt: Von nun an erinnert ein 2,5 Tonnen schweres Originalstück der Mauer in Kroatiens Hauptstadt an den November 1989. Rumäniens Präsident Traian Basescu erinnerte am Jahrestag an die 1.100 Todesopfer der Wende in seiner Heimat.

Wälle aus Eis und Schokolade
In Westeuropa wurde mitgefeiert, oft auch mit verkitschtem Eventcharakter: Auf der Spanischen Treppe in Rom wurde zu dem Song "Another Brick in the Wall" von Pink Floyd eine multimediale Installation errichtet. In den Niederlanden fand eine Trabi-Parade statt.

In London wurde eine dreieinhalb Meter hohe Mauer aus Eisblöcken errichtet, die langsam dahinschmolz. In Paris fand auf einer eher spärlich besuchten Place de la Concorde ein Konzert statt, ein Pariser Konditor nützte den Tag zudem für Eigen-PR und baute eine "Schokolademauer".

Mehr als Nostalgie
Dass die Ereignisse von vor 20 Jahren mehr als zeitgeschichtliche Nostalgie sind, zeigten andere Reaktionen: An der Grenze zu Nordkorea fand eine Demonstration von Südkoreanern statt, um auf die Menschenrechtsverletzungen in dem stalinistischen Land aufmerksam zu machen.

In Kuba schließlich war der Mauerfall überhaupt kein Thema. Lediglich ein TV-Kommentator meinte am Rande einer Sendung, es sollte an diesem Tag aller bestehenden Mauern gedacht werden, wie etwa jener zwischen Texas und Mexiko und jener zwischen Israel und den Palästinensergebieten.

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