Die Wirtschaft des "Baltischen Tigers", wie die drei Länder in Anlehnung an die asiatischen Boomstaaten genannt wurden, brach völlig ein. Doch zwei der drei Ostseestaaten zeigen ihre Krallen und stemmen sich erfolgreich gegen den drohenden Staatsbankrott.
Hohes Wachstum, niedrige Steuern
Mit einem Wachstum des Bruttoinlandsprodukts (BIP) zwischen 7,0 und 8,5 Prozent im Jahr 2004 sorgten die osteuropäischen EU-Neulinge für eine regelrechte Goldgräberstimmung unter den Investoren. Zudem lockten die Baltikumländer mit niedrigen Steuern viele internationale Unternehmen ins Land.
Zweistelliger Einbruch
Doch die Krise sorgte für ein abruptes Ende des steilen Aufstiegs. Das Wirtschaftswachstum brach im zweistelligen Bereich ein, die Schulden stiegen dramatisch und die für 2007 geplante Einführung des Euro musste vorerst auf unbestimmte Zeit verschoben werden.
Musterschüler Estland
Doch zumindest für Estland und Litauen scheint sich ein kleiner Silberstreif am Horizont abzuzeichnen. Vor allem Estland entpuppt sich als Musterschüler unter den baltischen Staaten. So überraschte das kleinste der drei Länder mit der Nachricht, bereits Mitte nächsten Jahres die notwendigen Kriterien für die Euro-Einführung wieder erreicht zu haben.
Die Inflation ist niedrig, die Staatsschulden sind kaum der Rede wert, und das für das nächste Jahr veranschlagte Budgetdefizit wird mit 2,95 Prozent sogar unter der von den Euro-Ländern verlangten Dreiprozentmarke bleiben, wie das Wirtschaftsmagazin "The Economist" vorrechnete.
Mit hartem Sparkurs zum Aufschwung
Laut dem Internationalen Währungsfonds (IWF) wurde die günstige Ausgangssituation in Estland dank des konsequenten und harten Sparkurses der Regierung erreicht. Auch wurde viel Geld in die Modernisierung der Kommunikationstechnik investiert, was dem Land heute einen Wettbewerbsvorteil bringt.
Steuern viel zu niedrig
Der IWF sieht aber noch Verbesserungsmöglichkeiten. So seien die Steuern immer noch zu niedrig. Autobesitzer würden weder für ihr Fahrzeug noch für die Straßenbenutzung Abgaben zahlen, kritisierte der IWF. Doch Änderungen bei den Steuern lehnte Premierminister Andrus Ansip bisher ab. Sollte 2011 tatsächlich der Euro eingeführt werden, würde das das Vertrauen der Investoren stärken und die Erholung des Landes vorantreiben, wird Ansip vom "The Economist" zitiert.
Litauen kämpft gegen Staatsschulden
Von solchen Überlegungen sind Lettland und Litauen noch weit entfernt, auch wenn sich die Wirtschaftszahlen für Litauen im Oktober wieder etwas positiver präsentierten. So konnte sich das Land im dritten Quartal mit einem Wirtschaftswachstum von sechs Prozent aus der Rezession kämpfen. Noch im zweiten Quartal war das BIP um etwa ein Fünftel eingebrochen.
Doch der Wermutstropfen bleiben die hohen Staatsschulden. Am Mittwoch präsentierte Ministerpräsident Andrius Kubilius den Budgetvorschlag für 2010. Das darin vorgesehene Defizit von 9,5 Prozent des BIP ist sogar höher als das von Lettland prognostizierte Haushaltsminus von 8,5 Prozent.
Sorgenkind Lettland
Aber auch für Lettland sehen die Wirtschaftsdaten alles andere als rosig aus. Mit einem Rückgang des BIP um 18 Prozent und einem prognostizierten Minus von 20 Prozent für 2009 und einem Minus von vier Prozent für 2010 ist Lettland nicht nur Schlusslicht unter den baltischen Ländern, sondern weist auch innerhalb der EU-27 den stärksten Einbruch auf.
Im Juni stand das Land vor dem Staatsbankrott. Die EU-Kommission forderte Lettland damals offiziell auf, das Staatsdefizit zu verkleinern, im Gegenzug wurden weitere Kredite in Aussicht gestellt.
Hilfsgelder laufen aus
Doch die politische Umsetzung folgte nur schleppend. Der oberste Währungs- und Finanzchef der EU, Joaquin Almunia, drohte deshalb Lettland im Oktober, weitere Hilfskredite zurückzuhalten, sollten nicht rasch die Vereinbarungen mit der EU und dem IWF umgesetzt werden.
Lettland Finanzminister Einars Repse kündigte für 2010 bereits weitreichende Einschnitte an. Das Sparprogramm kommt im letzten Moment, denn die erst kürzlich erhaltene Milliardenhilfe reicht nur noch bis Jahresende.
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