Geschäfte "in luftleerem Raum"

Schuldnerberater skeptisch: Geschäft "im luftleeren Raum" birgt ein hohes Risiko.
Als "charmant", wenn auch nicht ganz risikofrei hat das deutsche Konsumentenschutzmagazin "Finanztest" kürzlich das Modell "Kredit 2.0 für Zinsjäger" bezeichnet.

Wer Unbekannten Geld leiht, muss damit rechnen, im schlimmsten Fall einen Teil davon zu verlieren. Der könnte eintreten, wenn plötzlich eine große Zahl von Kreditnehmern ihren Verpflichtungen nicht mehr nachkommen.

"Dann ist auch ein Verlust möglich." Die deutsche "Peer-to-Peer"-Kreditplattform Smava.de bekam trotzdem das Placet der Konsumentenschützer, "weil ein Sicherheitskonzept existiert". Das gibt es auch beim jüngst aus der Taufe gehobenen österreichischen Pendant Bankless-life.at.

Schuldnerberatung skeptisch
Bei der ASB Schuldnerberatung GmbH, der Dachorganisation der staatlich anerkannten Schuldnerberatungen in Österreich, ist man trotzdem mehr als skeptisch. Der Geschäftsführer des Verbandes, Hans W. Grohs, sieht das private Online-Kreditgeschäft "in einem luftleeren Raum" lokalisiert, wo vieles offen und vage sei.

"Mann weiß, was Bewertungen wert sind"
Daran ändere auch eine Bonitätsprüfung durch Dritte nichts, so Grohs. Diese gleiche vom Prinzip her einer Momentaufnahme, und "in einigen Monaten kann alles anders aussehen". Außerdem "weiß man seit der Krise, was Bewertungen und Bonitäten wert sind. Da würde ich mich nicht darauf verlassen", so Grohs.

Während bei Smava.de und Bankless-life.at kein Weg an einer Bonitätsprüfung vorbeiführt, hatte der "Finanztest" bei der zweiten deutschen "P2P"-Kreditplattform Auxmoney.com das Versprechen "ohne Schufa" (Prüfung seitens der Schutzgemeinschaft für allgemeine Kreditsicherung, Anm.) kritisiert. Auxmoney.com spreche derart Menschen an, die wegen fehlender Bonität anderswo kein Geld mehr bekämen.

"Gleich ins Casino"
Ob mit oder ohne Bonitätsprüfung - Kredite an Unbekannte zu vergeben berge "ein sehr hohes Risiko", so Grohs - wenngleich der Trend nachvollziehbar sei. Angesichts nicht gerade üppiger Sparzinsen sei es erklärbar, "dass jemand hergeht und sagt: Versuchen wir einmal ein paar tausend Euro so zu veranlagen." Allerdings könne "man da auch gleich ins Casino gehen", so der kritische Standpunkt der Schuldnerberatung.

Grohs vermutet, dass das private Kreditgeschäft via Internet in erster Linie den Vermittlern zugutekommt. Es sei ein bisschen "wie damals beim großen Goldrausch", so Grohs. Auch da hätten vor allem die verdient, welche "die Schaufeln verkauft haben", während Tausende das Glück gesucht, es am Ende aber nur wenige gefunden hätten.

Grohs: Lieber über persönlichen Kontakt
Grohs' Empfehlung: Wenn schon privat Geld geliehen oder verliehen werde, dann nach dem "alten und bewährten Prinzip von privat an privat im Verwandten- oder Bekanntenkreis, wo ich die Leute kenne". Beim "P2P"-Kredit stelle sich die Frage, ob nach Bearbeitungsgebühren, Kreditsteuer etc. ein Darlehen wirklich billiger ist als über eine Bank. "Für Anleger möglicherweise günstiger, aber mit einem Risiko behaftet, das den Vorteil des Einsatzes vermutlich übersteigt", so Grohs.

Via Internet bleibt dem Kreditgeber sein Gegenüber tatsächlich unbekannt und vice versa, nicht aber dem Betreiber der Plattform. Über Bankless-life.at gibt es Kredite außerdem nur mit Haushaltsrechnung, Lichtbildausweis und Lohnzettel in Kopie. Darlehensverträge werden schriftlich geschlossen.

Höheres Risiko, höhere Zinsen
Potenzielle Kreditnehmer werden außerdem in Bonitätsklassen (bei Bankless-life.at A bis C, bei Smava.de A bis H) eingeteilt. Die Investorenseite soll wissen, mit wem sie es zu tun hat. Eine schlechtere Bonität kostet den Kreditnehmer auf jeden Fall höhere Zinsen - quasi als Kompensation für ein höheres Ausfallsrisiko auf der Gegenseite.

Was Bankless-life.at nicht wolle, sei jedenfalls, so Bankless-life-Gründer Siegfried Fischer, Kreditnehmer anzuziehen, die anderswo nur noch abblitzen. Ähnlich unerwünscht sei Investorengeld aus möglichen dunklen Kanälen - im Klartext Geldwäsche. Beide Seiten würden daher "genau angesehen".

Wie hoch ist das Ausfallsrisiko?
Das Ausfallsrisiko lag Ende Oktober bei Smava.de in der höchsten Bonitätsklasse A mit 97 Prozent unter dem erwarteten Wert von 98,8. In Bonitätsklasse H, der schlechtesten, betrug der Wert 91,2 und lag damit vier Prozent über dem Durchschnittssoll von 87,1 Prozent. Bei insgesamt 2.370 Krediten (mit einem Gesamtvolumen von fast 16,5 Mio. Euro) betrug die Zahl der Ausfälle 156 - davon vier in Klasse A und 37 in Klasse H.

Das durchschnittliche Kreditvolumen belief sich bei Smava.de auf rund 6.950 Euro. Laut Auskunft betrug die Zahl der Anleger etwa 10.000. Auxmoney.com bezifferte die Nutzerzahl gegenüber ORF.at mit rund 50.000, davon rund zehn Prozent Anleger. Parallel seien jeweils 450 bis 500 Kreditprojekte online. Über das vermittelte Kreditvolumen gab Auxmoney.com keine Auskunft.

Bei Bankless-life.at wurden laut Fischer knapp zwei Wochen nach dem Launch der Website Mitte Oktober 20 bis 25 Projekte mit einem Gesamtvolumen von rund 50.000 Euro abgewickelt. Er erwartet allerdings rasche Zuwächse und verweist auf Steigerungsraten von 30 bis 40 Prozent bei Smava.de.

In Österreich nur über Verein
Der Trägerverein hinter Bankless-life.at hatte knapp einen Monat nach Gründung 1.800 Mitglieder. Auf der Plattform kann nur aktiv werden, wer Vereinsmitglied ist. Der wesentliche Grund dafür ist das österreichische Bankwesengesetz, das private Kreditgeschäfte nur sehr eingeschränkt erlaubt.

Rechtliche Probleme erwartet Fischer trotzdem nicht: Der Verein vermittle lediglich zwischen Menschen und mache keine Geschäfte nach außen. "Wir machen eine Servicedienstleistung und führen auch die vorgeschriebenen 0,8 Prozent Kreditsteuer an das Finanzamt ab", so Fischer.

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