Zweiter Anlauf zur Fertigstellung

Bau als Auflage für Handynetz-Zuschlag?
Es hätte der Prestigebau des kommunistischen Regimes in Nordkorea werden sollen, doch über 15 Jahre hinweg war es der Schandfleck von Pjöngjang: Das als dreiseitige Pyramide entworfene und über 330 Meter hohe Ryugyong-Hotel demonstrierte auf kolossale Weise das Scheitern des isolierten Landes. Nun soll es mit Hilfe eines internationalen Bau- und Telekomkonzerns doch noch fertiggestellt werden.

Geld ausgegangen
1987 wurde mit dem Bau begonnen, nachdem das Hotel eigentlich schon für die Weltfestspiele der Jugend und Studenten 1989 hätte fertig sein sollen. Der Plan ging freilich nie auf, nach sechs Jahren stand zwar der Rohbau, doch plötzlich wurden alle Arbeiten gestoppt: Das Projekt hatte zeitweise zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts verschlungen, auf Dauer konnte sich das bitterarme Land angesichts von Hungersnöten das nicht leisten.

Schandfleck der Stadt
"Hotel des Verderbens" und "Phantomhotel" wurde das Bauwerk mit 105 Stockwerken genannt, das "Esquire"-Magazin sprach überhaupt vom schlimmsten je errichteten Gebäude. Auf offiziellen Stadtplänen war es nicht eingezeichnet, das Regime retuschierte den Schandfleck selbst von Stadtfotos.

Doch in der Stadt war der Bau nicht zu übersehen mit einem langsam vor sich hinrostenden Kran an der Spitze, genau dort, wo sieben Drehrestaurants das Schmuckstück des Gebäudes werden sollten.

Plötzlich ging Bau weiter
Mitte 2008 wurden dann in ganz Pjöngjang neue Sanierungsmaßnahmen gesetzt. Fassaden wurden renoviert, Straßenbahnverbindungen neu errichtet, und plötzlich waren auch auf der Hotelbaustelle wieder Arbeiter zu sehen.

Nun soll das Hotel bis 2012 fertiggestellt werden, rechtzeitig zum 100. Geburtstag von Kim Il Sung, dem 1994 verstorbenen "ewigen Präsidenten" und Vater von Machthaber Kim Jong Il. Bis dahin soll Pjöngjang wie eine moderne Stadt aussehen - und dazu gehört freilich auch der unübersehbare Megabau im Zentrum der Stadt.

Fassade wird verkleidet
Mit der Fertigstellung beschäftigt ist der ägyptische Konzern Orascom Telecom. Das Bauprojekt ist Teil eines 400 Millionen Dollar schweren Geschäfts, das vor allem darauf abzielt, in Nordkorea ein 3G-Mobilfunknetz zu errichten und zu betreiben.

Der leitenden Geschäftsführer Chaled Bitschara sprach gegenüber der BBC von guten Fortschritten. 2.000 Arbeiter und Dutzende ägyptische Ingenieure seien derzeit am Hotel beschäftigt. Seit dem Vorjahr wird an der Fassade gearbeitet, ein Teil des Betonrohbaus ist mittlerweile mit Glas versehen. Auch die Restaurants an der Spitze seien schon fertig, so Bitschara. Erst wenn die Außenarbeiten abgeschlossen sind, was im nächsten Jahr der Fall sein soll, wird der Innenraum in Angriff genommen.

Bau als Auflage für Zuschlag?
Ein Teil der Fläche soll nun auch für Wohnungen und Büroräume genutzt werden, vor allem für das Orascom-Handynetz werden Sendeanlagen und sonstiges technisches Equipment untergebracht.

Dass seine Firma den exklusiven Zuschlag für das Handynetz nur unter der Bedingung bekommen habe, dass sie auch das Bauwerk fertigstellt, dementiert Bitschara. Im Gegenteil, das Projekt würde auch für seinen Konzern eine gute Werbung sein.

Gewagtes Engagement
Orascom konzentiert sich vor allem auf wachsende Märkte: Rund 84 Millionen Handykunden zählt das Unternehmen im Nahen Osten, Afrika und Südasien. In Nordkorea wird Orascom geduldig sein müssen: Die Kosten für ein Mobiltelefon betragen hier ein Vielfaches des durchschnittlichen Monatslohns von 100 Dollar, ganz abgesehen davon, dass ohnehin nur Regierungsmitarbeiter ein Handy besitzen dürfen.

Erst 48.000 Kunden haben bisher einen Vertrag unterzeichnet. Experten meinen, dass Nordkorea in frühestens zehn Jahren wirtschaftlich auf die Beine kommen wird, und das auch nur, wenn bald grundlegende politische und ökonomische Reformen beginnen.

Grobe Baumängel?
Ähnlich riskant scheint auch der Bau des Ryugyong-Hotels zu sein. Bisher habe es keine allzu großen Probleme beim Bau gegeben, so Bitschara. Andere Berichte sehen das weniger optimistisch und sprechen von groben Baumängeln: Von falsch angelegten Liftschächten ist da die Rede, vor allem aber soll der verwendete Beton nicht tragfähig genug sein. Ob das "Hotel des Verderbens" also je seine Pforten öffnen wird, scheint eher fraglich.

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