Zumindest Unmweltstaatssekretärin Chantal Jouanno befürworte eine "interne Untersuchung" der Causa, teilte ihr Büro am Dienstag mit. Allerdings wolle Jouanno "keine übereilte Entscheidung treffen" und erst genauere Informationen einholen. "Aber wenn es Zweifel gibt, ist es normal, dass die Öffentlichkeit informiert wird."
"Entsorgung" still und heimlich
Ins Rollen gebracht hatten die Debatte über heimliche Ausfuhren von Atommüll die französische Tageszeitung "Liberation" und der deutsch-französische TV-Sender Arte mit einer Dokumentation zum "Alptraum Atommüll".
Die "Liberation" warf EDF in einem Artikel am Montag vor, seit etwa 1995 jährlich weit über 100 Tonnen radioaktiver Abfälle nach Russland zu verfrachten. "Unsere nuklearen Abfälle werden in Sibirien versteckt", hieß es in der linksliberalen Tageszeitung.
Container unter freiem Himmel
Die Abfälle aus französischen Atomkraftwerken lagerten in der sibirischen Stadt Sewersk, berichtete die "Liberation" - in Containern im Atomzentrum Tomsk-7 unter freiem Himmel, "weit weg von jeglicher Wiederaufbereitung".
Vorerst nicht verwertbar
EDF dementierte, dass es sich bei dem Material um Atommüll handle. Laut dem Unternehmen geht es um wiederverwertbares Uran, das in Russland erneut angereichert werden solle. Abgereichertes Uran soll in Atomkraftwerken der kommenden Generation als Brennstoff eingesetzt werden können. Derzeit kann es jedoch nicht verwertet werden.
Wem gehört der radioaktive Müll?
Gemäß den weltweiten Gepflogenheiten gehöre der Atommüll nicht mehr EDF, sondern dem russischen Unternehmen Techsnabexport (TENEX), das ihn wiederaufbereite, hieß es aus dem Energiekonzern.
Der französische Atomkonzern Areva, der die gesamte Kernkraftgewinnung vom Uran über die Herstellung der Brennstäbe bis zur Aufarbeitung der Abfälle in Frankreich abwickelt, wies wiederum dem Stromriesen die Verantwortung zu. Areva arbeite lediglich im Auftrag von EDF, teilte das Unternehmen mit. "Der tatsächliche Eigentümer des Materials ist EDF."
EDF ist Betreiber der 58 französischen Kernkraftreaktoren.
Atomgegner: Müll soll zurück
Die Anti-Atomkraft-Bewegung Reseau Sortir du Nucleaire (sinngemäß "Netzwerk Raus aus der Atomkraft", Anm.) warf Jouanno vor, mit der Ankündigung einer nur möglichen Untersuchung Zeit schinden zu wollen, "bis die Affäre aus den Nachrichten verschwindet". Die Organisation forderte die Regierung auf, "die von EDF in Russland zurückgelassenen radioaktiven Abfälle nach Frankreich zurückzuholen".
Frankreich hat ähnlich wie Deutschland bisher keine Endlagerstätte für seinen Atommüll - die Suche nach einem möglichen Lager gestaltet sich schwierig. Von den 1.150 Tonnen gebrauchten Brennstoffes, die jährlich anfallen, bereitet Areva der "Liberation" zufolge 850 Tonnen im nordfranzösischen La Hague auf. Der Rest werde in Kühlbecken zwischengelagert.
Auch deutsche "Exporte"?
Laut Angaben deutscher Atomkraftgegner wurden auch große Mengen nuklearer Abfälle aus Deutschland in Russland "entsorgt". Seit 1996 seien aus der Urananreicherungsanlage im westfälischen Gronau etwa 22.000 Tonnen Atomabfälle nach Russland gelangt, teilte die Anti-Atom-Organisation ausgestrahlt in Berlin mit.
Davon seien zehn Prozent als angereichertes Uran nach Deutschland zurückgebracht worden. Der Rest lagere seither in Russland - "in rostenden Behältern unter freiem Himmel". Vom deutschen Umweltministerium gab es am Mittwoch zu den Vorwürfen zunächst keine Stellungnahme.
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