Kritische Abschiebepraxis
Innenministerin Maria Fekter (ÖVP) hatte bereits im Vorfeld betont, dass sie sich in absehbarer Zeit eine Beteiligung an freiwilligen Neuansiedelungsprogrammen nicht vorstellen könne. In Österreich geht die Tendenz auch mit dem neuen Fremdenrechtspaket eher dahin, Schubhaft auszudehnen und den Abschiebeschutz einzuschränken.
Der Umgang mit Schubhäftlingen und die Abschiebepraxis geraten immer wieder in Kritik. Erst vor wenigen Wochen bemängelte das UNO-Flüchtlingshochkommissariat (UNHCR) die österreichischen Schubhaftpraxis. "Die Bedingungen sind eindeutig verbesserungswürdig, was die medizinische Versorgung und die Betreuung der Asylsuchenden in Schubhaft betrifft", sagte UNHCR-Sprecher Roland Schönbauer.
Daten weitergegeben?
Anfang dieser Woche wurden erneut Vorwürfe gegen das Innenministerium erhoben. NGOs gehen bereits seit längerem davon aus, dass das Innenministerium die Heimreisedokumente bei den Heimatländern der Abzuschiebenden widerrechtlich besorgt, indem Informationen wie Strafregisterauskünfte und Daten aus den Asylverfahren an die diplomatischen Vertretungen weitergegeben werden.
Rechtsberater des Vereins Ute Bock haben nun einen Brief einer Sachbearbeiterin des Ministeriums an die Konsularabteilung der nigerianischen Botschaft in Händen, der diesen Verdacht bekräftigt. Von diesen Praktiken sollen auch Personen betroffen gewesen sein, die Anfang dieser Woche nach Nigeria und Gambia abgeschoben hätten werden sollen. Das Innenministerium wies diese Vorwürfe zurück.
Rechtsberatern Kontakt verwehrt
Vor der Sammelabschiebung nach Nigeria wurde Rechtsberatern der Caritas und des Vereins Ute Bock der Kontakt zu den Betroffenen verwehrt. "Trotz Vorlage von Vollmachten und Ausweisen wurden die bevollmächtigten Rechtsberater daran gehindert, die von ihnen vertretenen Menschen zu sehen", kritisierte die Menschenrechtssprecherin der Grünen, Alev Korun.
Einblick in Asyl- und Strafakten
Es werde massiver Druck auf die Botschaften ausgeübt und "ganz bewusst Lügen über Asylwerber in die Welt gesetzt", sagte eine Rechtsberaterin des Vereins Ute Bock. Man könne auch belegen, dass Botschaftsvertretern und Vertretern des Heimatlandes persönlich Einblick in Asyl- und Strafakten gewährt worden sei.
Bereits im Mai gab der Asylgerichtshof der Beschwerde eines gambischen Schubhäftlings statt und widersprach damit der erstinstanzlichen Bescheidbegründung des Bundesasylamtes. Diese habe sich laut Asylgerichtshof als "derart mangelhaft" erwiesen, dass den "wesentlichen Behauptungselementen des Beschwerdeführers (...) nicht ohne weiteres entgegentreten werden kann".
Von Delegation bedroht
Der 23-jährige Asylwerber hatte beklagt, dass Vertreter einer Delegation aus seinem Heimatland von seinem Asylverfahren in Österreich wussten und ihm bei seiner Vorführung in der Schubhaft drohten. Sie hätten ihm mitgeteilt, dass sie mit ihm abrechnen würden, wenn er nach Gambia zurückkehre.
Er habe auch ein Papier bei der Delegation gesehen, auf dem die Abkürzung BAA (für Bundesasylamt, Anm.) gestanden sei. Er habe nunmehr große Angst, weil die Delegation erfahren habe, dass er Asyl beantragt, schlecht über sein Land gesprochen und die Behörden dort in Misskredit gebracht habe.
Das Bundesasylamt glaubte diesen Angaben nicht und bezog sich unter anderem auf einen Erlass des Innenministeriums, wonach die Übermittlung personenbezogener Daten eines Asylwerbers an dessen Herkunftsstaat unzulässig sei. Der Asylgerichtshof schloss sich dieser Argumentation nicht an und gab der Beschwerde statt.
Kein Deutschkurs - Ausweisung
Auch bei der Integrationsvereinbarung soll es nun erste Konsequenzen geben. Drei Menschen sollten heuer ausgewiesen werden, weil sie die vorgeschriebenen Deutschkurse nicht innerhalb von fünf Jahren absolviert hatten. Ob die drei Betroffenen das Land verließen, konnte das Innenministerium Anfang Oktober nicht sagen. Grundsätzlich ist eine Berufung gegen solch eine Abschiebung möglich.
Der von Peter Westenthaler (BZÖ) erfundene Integrationsvertrag wurde 2003 eingeführt. Demnach sind Zuwanderer verpflichtet, Deutsch zu lernen. Waren zunächst 100 Stunden zu absolvieren, wurde die Stundenanzahl mit einer Novelle 2006 verdreifacht.
Kardinal-König-Haus vor Schließung
Aufregung gibt es auch um das Wiener Kardinal-König-Integrationswohnhaus des Österreichischen Integrationsfonds. Bisher konnten dort Menschen mit positivem Asylbescheid bis zu eineinhalb Jahre wohnen. Das Haus soll künftig als Anhaltezentrum genutzt werden. Das Innenministerium hatte aber gegenüber der APA dementiert, dass dort ein Schubhaftzentrum entstehen soll.
Links:
- Innenministerium
- EU
- UNHCR
- Verein Ute Bock
- Integrationsfonds
- Caritas
- Volkshilfe
- Fremden- und Asylrechtliche Blätter (FABL, Hintergründe zum Asylrecht)