Eigentlich ist Odenthal, gespielt von der 1961 in Kassel geborenen Schauspielerin Ulrike Folkerts, ein Relikt aus einer anderen "Tatort"-Zeit. Suchen die diversen Landesanstalten die neueren "Tatort"-Kommissare vor allem nach dem Promifaktor aus, so wurde mit Odenthal vor 20 Jahren zunächst die Figur geschaffen.
Lange Charakterformung
Zum Zug kam eine der damaligen Öffentlichkeit eher unbekannte Schauspielerin - was der Rolle guttat, denn Folkerts konnte den Charakter Odenthal formen, ohne dass das Publikum immer Maß nahm an möglichen anderen Rollen der Schauspielerin. Folkerts war und ist Odenthal, und Odenthal Folkerts - so wirkt es in den Medien, etwa wenn sich die bekennende Lesbe Folkerts für Gleichstellungsfragen einsetzt. Da liegt es schnell nahe, Odenthal eine ähnlich sexuelle Orientierung zu unterstellen.
Kämpft diese Frau nicht immer alleine? Ist die einzige männliche Konstante in ihrem "Tatort"-Leben, ihr Kollege Mario Kopper (Andreas Hoppe), nicht der absolute Anti-Mann?
Folkerts verweist auf Unterschiede
Folkerts beharrt in Interviews immer auf der Distanz, die sie zur Figur Odenthal habe. "Lena Odenthal ist eindeutig heterosexuell", sagte Folkerts zuletzt in einem Interview mit dem Sender Bayern 2. Sie lehne es auch ab, diesen fiktiven Charakter zu einem Sprachrohr für Themen der Homocommunity zu machen. Dafür setze sie sich schon selbst mit zahlreichen Aktionen ein.
Kopper, der Übergangsmann
Kopper wiederum ist der Übergangsmann im Leben der Odenthal. Alles, was Odenthal und Kopper teilen, teilen sie "übergangsweise" - etwa die gemeinsame Wohnung, die der Chaot Kopper immer wieder neu durcheinanderbringt. So genau kennt man das Verhältnis Odenthal - Kopper nicht, denn auch hier gab man dem Ermittlerpaar Raum für Entwicklungen.
Waren sie zunächst Kollegen (und der knorrige Kopper einmal auch Lebensretter von Odenthal), so bestimmt sich das Verhältnis der beiden stets durch einen angemessenen Freiraum, in dem sowohl Kopper als auch Odenthal ihre Macken ausleben können.
Lena und Kopper
Und doch gibt es eine Differenz: Während Kopper fast liebevoll Lena sagen darf, ist Kopper nun einmal immer nur Kopper für die Ermittlerin - und mitunter wird sein Name mehr als schroff verwendet.
Mit Kopper stellte man Odenthal einen eigenartigen "Beschützer" zur Seite. Dieser korpulent-ungelenke Mann, der immer schwächer scheint als die gerade auch körperlich agile Ermittlerin, muss nicht zuletzt Odenthal vor sich selbst und den eigenen Sturheiten schützen. Und so fährt Odenthal bei den Ermittlungen stets mit einem Kombi solider deutscher Bauart voraus, während der "Guardian Angel" Kopper mit einem alten Alfa hinterherzuckelt.
Rückkehr zum klassischen Krimi
Wenn Odenthal und Kopper am Sonntag (20.15 Uhr, ORF2) in der Jubiläumsfolge "Vermisst" ermitteln, dann spielen beide wieder einmal Aufdecker in einem klassischen Krimi, für den Folkerts von der ersten Minute an Spannung verspricht. Sehr oft sind die Odenthal-Kopper-Episoden nahe an zeitkritischen Themen angesiedelt. Da wird dann nicht nur ein Kriminalfall, sondern gleich ein breiteres gesellschaftliches Thema verhandelt.
Jeder dritte Ludwigshafen-"Tatort" müsse ein klassischer Krimi sein, gibt Folkerts ihre Erwartungen für die Krimistaffel vor. Einmischen kann sich Folkerts in die Storys zwar nicht, doch versuche sie so früh wie möglich ihre Interessen einzubringen.
Folkerts will noch weitermachen
Dass Folkerts als Odenthal auch ihr 30-jähriges Dienstjubiläum feiern wird, scheint nicht ausgeschlossen. Dienstmüde gibt sich die Schauspielerin, die pro Jahr drei Folgen dreht, nicht. "Es wird mir nicht langweilig. Ich probiere mich da auch aus", so die 48-Jährige.
"Natürlich ist es spannend, wenn ich zwischendurch auch ganz andere Rollen spielen darf." Solange die Bücher gut seien, wolle sie aber als Kommissarin weitermachen.
TV-Hinweis
ORF2 zeigt die "Tatort"-Jubiläumsfolge "Vermisst" am Sonntag um 20.15 - mehr dazu in tv.ORF.at.
Links: