"Das ist Deutschland hier"

Wie diplomatisch ist der wohl künftige deutsche Außenminister?
Dass FDP-Chef Guido Westerwelle deutscher Außenminister wird, gilt als ziemlich sicher. Unklar ist manchen noch, welche Statur Westerwelle auf dem internationalen Parkett zeigen wird.

Seit Westerwelle bei seiner ersten großen Pressekonferenz einen britischen BBC-Reporter eher brüsk in die Schranken wies, dass er keine auf Englisch gestellten Fragen (schon gar nicht auf Englisch) beantworten werde, sind Westerwelles Englischkenntnisse nicht nur in Deutschland ein Thema.

Suche nach der Fremdsprache
Zwar waren Außenminister vor Westerwelle auch alles andere als mächtig im Englischen, doch im Fall des FDP-Chefs legt man nun im Netz (etwa auf YouTube) nach, um zu belegen, warum der sonst so gesprächige FDP-Frontmann gegenüber dem BBC-Reporter so gereizt war.

Auf die Bitte nach einer Antwort auf Englisch hatte sich Westerwelle zu Beginn dieser Woche gegenüber dem BBC-Reporter so geäußert: "So wie es in Großbritannien üblich ist, dass man dort selbstverständlich Englisch spricht, ist es in Deutschland üblich, dass man Deutsch spricht." Westerwelle sprach dann nur Deutsch, und auch die Frage an ihn wurde von einer Mitarbeiterin übersetzt.

Fragen nach seiner Rolle als Außenminister wollte er nicht beantworten, weil man im Moment nicht über Ämter, sondern Inhalte rede. Nach der inhaltlichen Beantwortung fügte Westerwelle noch an: "Und damit das gleich klar ist: Wir können uns außerhalb einer Pressekonferenz fabelhaft zum Tee treffen und dann sprechen wir Englisch. Aber es ist Deutschland hier."

"Teutonisches Selbstbewusstsein"
In Großbritannien mokierte sich der liberale "Independent" über Westerwelle. Für das Blatt gab es nur eine Interpretation: Das Ganze sei der "Vorgeschmack auf ein neues teutonisches Selbstbewusstsein in internationalen Angelegenheiten".

Verteidigt wurde Westerwelle wiederum in der deutschen "Welt". Die, die Westerwelle jetzt wegen seiner Englischkenntnisse in die Pflicht nähmen, sollten selbst erst einmal belegen, wie gut ihr Oxford-Englisch sei. Westerwelle würde sich im Englischen wohl besser artikulieren können als manch anderer Politiker. Ein parallel zum Artikel angebotenes Voting der konservativen Zeitung mit der Frage "Wäre Westerwelle ein würdiger Außenminister?" erreichte am Mittwochvormittag nur 35 Prozent Pro-Stimmen.

ARD-Experte: Frage nicht überbewerten
Friedrich Nowottny, langjähriger Chefredakteur des WDR, sagte in der ARD, man solle die Frage der Englischkenntnisse nicht überbewerten. Er erinnerte dabei an Joschka Fischer, der, um im Englischen voranzukommen, an bestimmten Tagen im Außenamt nur Englisch sprechen ließ.

Westerwelle, so Nowottny, könne sich ja von Hans-Dietrich Genscher über Gepflogenheiten auf dem internationalen Parkett beraten lassen - "und außerdem gibt es ja immer eine große Schar an Übersetzern, wenn der Außenminister unterwegs ist".

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