Ende einer legendären Sammlung?

Teile der legendären Polaroid Collection mit Fotos von 150 Künstlern sollen unter den Hammer kommen.
Seit dem Vorjahr ist die bekannteste Sofortbildmarke der Welt Geschichte, doch das Ende der Polaroid-Fotos hat Nachwirkungen - und das nicht nur bei gestandenen Retro-Fans, die der durch die Digitalfotografie obsolet und unwirtschaftlich gewordenen Technologie nachtrauern.

©Bild: Peter Jones
©Bild: Peter Jones

Jetzt gibt es Wirbel um die Polaroid Collection, die hochkarätige Sammlung des Unternehmens, das über 50 Jahre hinweg Werke bei Fotokünstlern wie Ansel Adams, Helmut Newton, Robert Mapplethorpe, Robert Rauschenberg, Bettina Rheims und Inge Morath in Auftrag gab.

Wem gehören die Fotos?
Das Auktionshaus Sotheby's beginnt damit, Teile der legendären Sammlung zu versteigern - doch manche Fotografen bzw. ihre Erben steigen auf die Barrikaden. Ihrer Meinung nach sind die Künstler selbst nach wie vor im Besitz der Polaroids, und das Unternehmen habe gar nicht das Recht, sie zu versteigern.

1.300 Arbeiten unter dem Hammer
©Bild: Chuck Close
©Bild: Chuck Close
In einer ersten Auktion will Sotheby's im Frühjahr 2010 1.300 Arbeiten aus der Sammlung verkaufen. Ihr Wert wird auf sieben bis elf Millionen US-Dollar geschätzt.

Der Hintergrund: Die Polaroid Corp. musste im vergangenen Dezember Insolvenz anmelden - nicht selbst verschuldet, sondern infolge eines Milliardenbetrugs beim Polaroid-Besitzer Petters Group. Ein Gericht erlaubte daraufhin den Verkauf von Polaroid-Beständen und damit auch der Collection.

Auch als Buch erschienen
16.000 Kunst-Polaroids von etwa 150 teilweise weltbekannten Fotografen umfasst die Sammlung heute, darunter 443 von Mitbegründer Adams.

Weitere 6.000 Fotos, die früher ebenfalls zur Sammlung gehörten, befinden sich in Museen in Frankreich und der Schweiz. Eine Auswahl von über 400 Arbeiten ist unter dem Titel "The Polaroid Book" im Taschen Verlag erhältlich.

"Kauften nur die Rechte"
Die Idee zu der Sammlung geht auf Adams und den Polaroid-Gründer Edwin Land zurück. Bedeutenden Fotografen wurden die teuersten Polaroid-Kameras, die großformatigen, mannshohen 20x24-Modelle, geliehen.

Im Gegenzug erhielt man ein oder mehrere Fotos für die Unternehmenssammlung. Doch laut den Verträgen wechselten gar nicht die Fotos selbst den Besitzer, sondern nur sehr spezifisch formulierte Rechte an ihnen.

"Ich war verantwortlich für die Zusammenstellung eines Teils der Sammlung. Meiner Meinung nach haben wir nicht die Fotografien gekauft, sondern nur die Rechte, sie zu verwenden", zitierte der "Boston Globe" den ehemaligen Mitarbeiter Sam Yanes.

Zwei Verfahren
In vom einschlägigen Blog Photocritic International ans Licht gebrachten Originalverträgen heißt es, Polaroid habe das Recht erworben, die Bilder "für Ausstellungen und (nichtkommerzielle) Veröffentlichungen" zu verwendet. Das steht in krassem Gegensatz zur geplanten Auktion.

Komplex wird der Fall dadurch, dass die Polaroid Corp. seither nicht nur zwei Insolvenzverfahren durchgemacht hat - 2001 ging das Originalunternehmen pleite und wurde danach an die Investoren von Petters verkauft -, sondern auch die Verträge mit den Fotografen teilweise sehr unterschiedlich formuliert wurden.

Gegen Zerschlagung der Sammlung
Jetzt bemühen sich mehrere Künstler aktiv darum, die Sotheby's-Versteigerung zu verhindern. Der Widerstand formiert sich vor allem in Photocritic International.

Zahlreiche Künstler, denen es einerseits um die Sicherung der Sammlung, andererseits um die Kontrolle über ihre Arbeiten auf dem Kunstmarkt geht, haben bei dem Richter Einspruch eingelegt, der die Auktion erlaubt hatte. Dieser argumentiert wiederum, dass die Betroffenen bereits beim ersten Verfahren 2002 ihre Rechte hätten geltend machen müssen.

"Ich bin enttäuscht, dass es so weit gekommen ist. Ich glaube, Dr. Land (Polaroid-Gründer, Anm.) würde sich im Grab umdrehen", zitierte der "Boston Globe" den Adams-Nachlassverwalter William Turnage.

Keine Filme mehr
Für das Unternehmen Polaroid sind es ohnehin schwere Zeiten. Im Vorjahr kündigte man an, komplett aus dem Geschäft mit den einst so populären Sofortbildern auszusteigen und keine Filme mehr herzustellen. Die Tradition der Instant-Fotografie will man mit neuen, fürs Digitalzeitalter tauglichen Produkten fortsetzen.

Die Polaroid Collection ist dabei auch eine finanzielle Bürde: Allein die fachgerechte Lagerung und Konservierung der Sammlung kostet jährlich 200.000 Dollar.

Buchhinweis
Barbara Hitchcock, Steve Crist (Hg.): The Polaroid Book. Selections from the Polaroid Collections of Photography. Taschen Verlag, 352 Seiten, 10,30 Euro.

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