Der Vortrag in Salzburg war Einsteins "Initiation" in die Forschergemeinschaft. Seit seinen ersten weltweit beachteten Veröffentlichungen von 1905 zur Speziellen Relativitätstheorie und zur Quantentheorie war Einstein mit zahlreichen angesehenen Physikern, etwa Max Planck, im Briefwechsel gestanden. Doch in Salzburg trafen sie zum ersten Mal aufeinander.
Erste Rede auf Tagung
Es war die erste Tagung, zu der der damals 30-jährige Physiker und spätere Nobelpreisträger als Redner eingeladen wurde - und sie fand in den Anfängen seiner akademischen Karriere statt.
Erst wenige Monate zuvor war Einstein als außerordentlicher Professor für Theoretische Physik an die Uni Zürich berufen worden, nachdem er zuvor jahrelang im Berner Patentamt seinen Lebensunterhalt verdient und seine Forschungen nebenbei betrieben hatte.
Anerkennung und Kritik
Einstein erntete mit seinem Vortrag zwar Anerkennung, stieß bei Physikerkollegen - allen voran Planck - in der anschließenden Diskussion allerdings auch auf viel Skepsis.
Geschichte im Turnsaal
Schauplatz der Präsentation Einsteins war der Turnsaal I der Andräschule in der Stadt Salzburg. In diesen Räumlichkeiten tagte die physikalische Abteilung des Kongresses, zu dem 1.300 Naturwissenschaftler, Mediziner und Gelehrte vom 20. bis 24. September 1909 nach Salzburg gekommen waren.
"Über die Entwicklung unserer Anschauungen über das Wesen und die Konstitution der Strahlung" lautete der unspektakuläre Titel seines Referats. Darin stellte Einstein erstmals in der Öffentlichkeit die Quantenhypothese vor und erläuterte die berühmte Formel "Energie ist gleich Masse mal Lichtgeschwindigkeit zum Quadrat".
Wendepunkt in Physik
Niemand im Publikum - darunter die späteren Nobelpreisträger Planck, Johannes Stark, Max Born, Wilhelm Wien und Max Laue - ahnte, dass dieser Vortrag einen Wendepunkt in der Entwicklung der Physik darstellen würde.
Ganz im Gegenteil: Die Kollegenschaft begegnete den Ausführungen Einsteins mit Skepsis und Widerspruch. Der Tagungsband vermerkt, dass unter der Leitung Plancks eine lebhafte Diskussion nach dem Vortrag Einsteins entstand.
Nur ein prominenter Physiker, Stark, stärkte dem 30-Jährigen in der Debatte den Rücken. Erst mehr als ein Jahrzehnt später und drei Jahre nach Zuerkennung des Nobelpreises im Jahr 1921 wurde seine Lichtquantentheorie allgemein anerkannt.
"Umwerfend neu"
"In seinem Vortrag ging Einstein nun von seiner Theorie aus und leitete daraus die Gleichung 'Energie ist gleich Masse mal Lichtgeschwindigkeit zum Quadrat' ab. Er zeigt, dass jede Strahlung mit einer trägen Masse verbunden sein muss. Diese beiden Tatsachen waren derart umwerfend neu und überraschend für mich, dass ich die Vorlesung bis auf den heutigen Tag in guter Erinnerung habe", heißt es in einer Biografie der Physikerin Lise Meitner, die damals im Publikum war.
Bereits zu Beginn des Jahres 1909 hatte Einstein weitere Argumente für Lichtquanten präsentiert und dabei den Wellen-Teilchen-Dualismus in die Theoretische Physik eingeführt. Über ebendiese Ideen referierte Einstein auch in Salzburg und streifte dabei seine Relativitätstheorie nur am Rande.
Zeilinger: "Entscheidender Beitrag"
Heute erinnert eine Gedenktafel an der Andräschule an den Vortrag. Der Quantenphysiker Anton Zeilinger hielt anlässlich des Jubiläums Montagabend einen Vortrag über Einsteins damaligen Vortrag und die Folgen. Für Zeilinger leistete Einstein mit der Idee der Lichtquanten einen entscheidenden Beitrag zum Verständnis des Lichts.
Der Nobelpreisträger habe aber auch "sofort die Probleme erkannt, die durch diese Idee für unser Weltbild entstehen. Gegen Ende seines Lebens stellte Einstein fest, dass er nach 50 Jahren intensiven Nachdenkens einem Verständnis nicht näher gekommen sei", so Zeilinger in einer Vorankündigung seines Jubiläumsvortrags, der - anders als beim Forschergenie - nicht im Turnsaal, sondern in der nobleren Aula der Universität stattfand.
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