Die Hintergründe der "ÖBB-Systeme"

In den ÖBB war die Erfassung der Diagnosen von Krankenständen weit verbreitet.
Auch nach der ersten Sitzung der mittlerweile eingesetzten Kommission zur Aufklärung und Beendigung der Affäre um die illegale Sammlung von Krankendaten bei den ÖBB gibt es noch keine genauen Daten, wie viele Mitarbeiter betroffen sind.

In der bisher einzigen geprüften Gesellschaft, der ÖBB Infrastruktur Betrieb AG, seien unter den rund 11.000 Mitarbeitern etwa 1.000 Fälle entdeckt worden, in denen in Beförderungsbögen auch Angaben zu Krankenständen und Diagnosen enthalten waren, sagte der neue Personalchef der ÖBB-Holding, Emmerich Bachmayer, am Freitagnachmittag. Im gesamten Konzern rechnet er mit etwa 3.000 Fällen.

"Zwei Systeme"
Bachmayer, der auch Vorsitzender der vergangene Woche eingesetzten Untersuchungskommission ist, sprach von "zwei Systemen", die nun "verwechselt" würden. Einerseits gebe es seit 2006 bzw. 2007 elektronische Aufzeichnungen von "Gesundheitsgesprächen".

Dort sei auch ein Feld "Diagnose" vorgesehen gewesen, in das ursprünglich auch Daten aufgenommen worden seien. 2008 sei dieses Feld mit "Nichts eintragen" versehen worden, nun werde die Diagnoseaufnahme im Formular "verunmöglicht".

Gegen die "Menschenwürde"
Nach früheren Angeben des Betriebsratsvorsitzenden Wilhelm Haberzettl erfolgte die Änderung 2008 auf Betreiben der Datenschutzkommission und der Arbeitnehmervertreter.

Parallel dazu wurden aber laut Bachmayer in Beurteilungsblättern von Mitarbeitern, die zur Beförderung anstanden, Krankenstands- und Diagnosedaten aufgenommen, die "aus Gründen der Menschenwürde besser unterblieben wären".

"Schlicht rechtswidrig"
"Hier sind Dinge passiert, die schlicht rechtswidrig waren", sagte der als Experte der Kommission beigezogene Arbeitsrechtler Wolfgang Brodil. Die Vorgangsweise sei weder mit Arbeitsrecht noch mit Datenschutzrecht vereinbar gewesen.

Gleichzeitig räumte er ein, dass es ein Grundproblem mit ausgegliederten Unternehmen wie den ÖBB gebe: Die Unkündbarkeit führe bei einigen Mitarbeitern zu Krankenstandsmissbrauch, der dann aus Kostengründen mit überschießenden Methoden bekämpft werde.

"Kellerdaten müssen verschwinden"
"Von den Krankenstandbekämpfungsmethoden waren keine zehn Prozent der Mitarbeiter betroffen", betonte Bachmayer. Diese hatten ungewöhnlich hohe Krankenstände. Mittlerweile seien die "Linienvorgesetzten" darüber informiert worden, dass diese Praxis nicht mehr zulässig sei.

"Die sogenannten Kellerdaten müssen verschwinden", sagte Bachmayer. Es werde auch Kontrollen geben. Außerdem werde ein unabhängiger Vorsitzender für die Datenschutzkommission der ÖBB gesucht.

Bisher hatte diese Funktion der Ex-Personalchef Franz Nigl inne. Bei den Mitarbeitern werde man sich entschuldigen und sie auch zur Einsicht in ihre Personalakten einladen.

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