Der sechs Jahre dauernde Krieg forderte etwa 55 Millionen Tote, 35 Millionen Verwundete und nicht abzuschätzende materielle Verluste. Schon beim Polenfeldzug kam es teilweise spontan, teilweise geplant zu Massenmorden an Juden, Intellektuellen und Andersdenkenden, weshalb der Polenfeldzug auch als "Auftakt" zum Vernichtungskrieg und zum Holocaust gilt.
Minuziös geplante SS-Aktionen
Der Überfall auf Polen mit dem anschließenden deutschen Einmarsch ohne vorherige Kriegserklärung war minuziös geplant. Hitler begründete ihn in einer Rede vor dem Reichstag am 1. September mit fortgesetzten Grenzverletzungen.
"Polen hat heute Nacht zum ersten Mal auf unserem eigenen Territorium auch mit bereits regulären Soldaten geschossen. Seit 5.45 Uhr wird jetzt zurückgeschossen", sagte der Nazi-Diktator in der im Rundfunk übertragenen Rede.
Tatsächlich handelte es sich um gründlich vorbereitete Aktionen der SS. Sie sollten den Einmarsch der Wehrmacht in Polen und den folgenden Polenfeldzug (Codename "Fall Weiß") als berechtigte Verteidigungsmaßnahme begründen.
Zweifrontenkrieg
Für Polens Regierung und Armeeführung kam der Einmarsch überraschend, obwohl sie über den massiven deutschen Aufmarsch an den Grenzen Bescheid wussten.
Am 2. September bemühte sich Italiens "Duce" Benito Mussolini vergeblich um eine Vermittlung und erklärte Italien als "nicht kriegführend". Am 3. September forderten Großbritannien und Frankreich ultimativ den Rückzug der deutschen Truppen aus Polen und erklärten danach dem Deutschen Reich den Krieg. Damit war Hitler mit einem Zweifrontenkrieg konfrontiert. Polen sollte daher so rasch wie möglich bezwungen werden.
Deutschland klar überlegen
Die deutschen Truppen waren Polen zwar nicht zahlenmäßig, aber in Sachen Ausrüstung und Beweglichkeit überlegen. Nach einer Woche waren alle polnischen Verteidigungslinien im Grenzgebiet durchbrochen und die Armeen zum Rückzug gezwungen.
Die polnische Regierung hoffte vergeblich auf ein aktives Eingreifen der Westmächte. Großbritannien verhängte zwar eine Seeblockade, blieb aber ebenso wie Frankreich vorerst passiv.
In kurzer Zeit zerschlagen
Durch den raschen Vorstoß motorisierter Truppen der Wehrmacht aus verschiedenen Richtungen wurde Polens Armee in einzelne Kampfgruppen aufgesplittert, die nicht mehr in der Lage waren, einheitlich zu operieren.
Große Verbände wurden eingekesselt - etwa in Radom und Bzura. Der schnelle Vormarsch der Deutschen war auch dadurch möglich, dass die Luftwaffe schon nach wenigen Tagen die Luftherrschaft über Polen gewonnen hatte.
Am 18. September war die polnische Armee praktisch zerschlagen. Warschau kapitulierte am 28. September nach schweren Artillerie- und Luftangriffen mit erheblichen Verlusten unter der Zivilbevölkerung. Die letzten versprengten polnischen Soldaten ergaben sich am 6. Oktober.
Rote Armee in Ostpolen
Parallel dazu hatte die Sowjetunion in der Nacht vom 16. auf den 17. September verlautbart, dass sie die Republik Polen als nicht mehr existent betrachte. Die Rote Armee marschierte in Ostpolen ein - wie zuvor im geheimen Zusatzprotokoll des Hitler-Stalin-Paktes vereinbart bis zur Linie der Flüsse Narew - Weichsel - San.
Verluste hielten sich in Grenzen
Aus deutscher Sicht war der Polenfeldzug erfolgreich. Die eigenen Verluste (rund 10.600 Gefallene, 30.000 Verwundete, 3.400 Vermisste) hielten sich in Grenzen. Die polnische Armee verlor im Kampf gegen die Wehrmacht und die sowjetische Armee zusammen 120.000 Soldaten, 917.000 gerieten in Kriegsgefangenschaft.
Ein von Hitler auf der Grundlage des Status quo am 6. Oktober gerichtetes Friedensangebot an die Westmächte wurde von diesen zurückgewiesen. An der Westfront selbst beschränkte sich der Krieg zunächst auf gelegentliche Störeinsätze und Aufklärungsoperationen, bevor der Krieg in Westeuropa im Frühjahr 1940 mit voller Wucht ausbrach.
Gegen Versailles-Vertrag
Die Nationalsozialisten hatten ihre Außenpolitik von Anfang an darauf ausgelegt, den Friedensvertrag von Versailles zu revidieren. Schon in "Mein Kampf" hatte Hitler zudem die Eroberung von "Lebensraum im Osten" zu seinem Ziel erklärt.
Im Bund mit dem faschistischen Italien und im Windschatten der Appeasement-Politik der Westmächte baute Hitler die in Versailles auferlegten Beschränkungen in den Bereichen Wirtschaft und Verteidigung ab.
"Anschluss" Österreichs 1938
1935 wurde die allgemeine Wehrpflicht eingeführt, 1936 das entmilitarisierte Rheinland besetzt.
1938 erfolgte der "Anschluss" Österreichs, die Besetzung und erzwungene Abtrennung der Sudetengebiete, im März 1939 schließlich die Zerschlagung der Resttschechoslowakei und die Errichtung des "Reichsprotektorats Böhmen und Mähren", nachdem sich die Slowakei unter deutschem Druck für selbstständig erklärt hatte und zu einem klerikalfaschistischen Marionettenstaat wurde.
Überraschender Diktatoren-Pakt
Erst zu diesem Zeitpunkt begannen auch die Westmächte aufzurüsten. Seit dem Frühjahr 1939 führten sie mit der Sowjetunion Verhandlungen über einen Beistandspakt gegen Nazi-Deutschland.
Doch den diplomatischen Wettlauf mit den Westmächten um die Gunst Stalins gewann Hitler: Am 24. August wurde die Weltöffentlichkeit durch den Abschluss eines deutsch-sowjetischen Nichtangriffspakts, bekannt als Hitler-Stalin-Pakt, überrascht. Für Polen bedeutete dies das politische Todesurteil.
TV-Hinweis
Der ORF befasst sich in einer fünfteiligen Dokuserie im Rahmen von "Menschen und Mächte" mit dem Zweiten Weltkrieg. Der erste Teil mit dem Titel "Hitlers Blitzkriege" wird am Dienstag um 20.15 Uhr in ORF2 gezeigt - mehr dazu in tv.ORF.at.
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