Iterative Entwicklung

Mit "Things Are What They Used To Be" perfektioniert die britische Band Zoot Woman ihren Sound.
Die großen Dandys der Popmusik sind zurück: Nach sechs Jahren ohne Tonträger, aber mit zahllosen Liveauftritten bringt das britische Synthpop-Trio Zoot Woman jetzt ein neues Album heraus.

Die stets in feinen Zwirn gekleideten Musiker - die Geschwister Johnny Blake (Gesang, Gitarre) und Adam Blake (Keyboards) und der international gefragte Produzent Stuart Price (Bass) - wurden 2001 mit "Living In A Magazine" als Vorreiter des 80er-Revivals und des kurzlebigen Electrocrash-Genres bekannt. Damit räumen sie nun kräftig auf.

Alles wie gehabt
"Things Are What They Used To Be" klingt zu Beginn aber erst einmal so, wie das der Titel erwarten lässt: Seit früher hat sich nichts verändert.

Die Grundmelancholie in Johnny Blakes Stimme führt manchmal zu dem Effekt, dass völlig neue Songs schon beim ersten Mal Anhören altbekannt wirken - ähnlich wie bei den Pet Shop Boys, an die Zoot Woman nicht nur stimmlich durchaus anknüpfen.

Klares Konzept
Das dritte Album des britischen Trios ist eine Evolution, und mehr muss es auch nicht sein. Schon vor acht Jahren, als das Debütalbum herauskam, schien das Konzept - vom dandyhaften Auftreten in hellen Anzügen und Maßhemden bis zur betonten Künstlichkeit der Musik - klar definiert. "Wir wollten immer genau so aussehen, wie unsere Musik klingt", so Price.

Treibende Kraft?
Man mag spekulieren, dass Price, stets interessiert an den Grenzlinien zwischen Pop- und Clubmusik, die treibende Kraft hinter Zoot Woman ist. Das Projekt kam erst richtig in Gang, nachdem er als pseudofranzösische Kunstfigur Jacques Lu Cont mit der "Band" Les Rythmes Digitales dieses Terrain erstmals erfolgreich auslotete.

Madonna- und Killers-Produzent
Zwischen dem Zoot-Woman-Debüt "Living In A Magazine" (2001), dem selbst betitelten zweiten Album (2003) und der neuen Platte widmete sich Price immer wieder verschiedenen Aspekten der Schnittmenge Pop/Club.

Er produzierte das discolastige Madonna-Album "Confessions on a Dance Floor" ebenso wie die verspielte Rockplatte "Day & Age" der Killers und trat nebenbei unter verschiedensten Pseudonymen als DJ und Remixer auf. Und fast parallel zu "Things Are What They Used To Be" erscheint mit "Complete Me" des Briten Frankmusik ein von Price produziertes Album mit ganz offensichtlichen Zoot-Woman-Anklängen.

"Ausgefuchster denn je"
Aber Price allein macht den Zoot-Woman-Sound nicht aus, das zeigt das neue Album deutlich.

"Besser und ausgefuchster denn je" sei das Trio, heißt es in den Presseunterlagen, und die Betonung liegt dabei auf "ausgefuchst": Zoot Woman ist eine Band, die über Iteration und Perfektionierung funktioniert, und unter diesem Gesichtspunkt ist "Things Are What They Used To Be" ein großer Wurf.

Hypermodern
Ganz ohne Schnickschnack, fast schon abrupt beginnt das Album mit dem fröhlichen "Just a Friend of Mine". Ein simpler, pulsierender Bass und ein paar Synthi-Melodiefetzen fließen nach 30 Sekunden in einen dichten, betont modernen Refrain - also ob man die unvermeidlichen Vergleiche mit den 80ern gleich zu Beginn aus dem Weg räumen wollte.

Ganz gelingt das natürlich nicht, aber hypermoderne, krachende, oft unsaubere Sounds und Clubbeats stehen diesmal mehr im Vordergrund als bei früheren Zoot-Woman-Alben. Track vier etwa, "Saturation", wäre auch auf Prices Madonna-Album nicht fehl am Platz gewesen.

Dazwischen tauchen die teilweise schon seit Jahren bekannten Singles "Memory", "We Won't Break" und "Live In My Head" auf, Zeugnis der langen Arbeit am neuen Album.

"Superflexible Band"
Mit einer eigenen Livebesetzung - ohne Price, stattdessen mit der Bassistin Beatrice Hatherley - absolvierte die Band in dieser Zeit aber ständig Auftritte.

Zoot Woman seien weniger wegen ihrer Musik "als vielmehr wegen ihrer Gruppenkonstruktion so zeitgemäß", schrieb die "Süddeutsche Zeitung" vor kurzem: "Sie sind die perfekt dezentralisierte, superflexible Band, mit einer reisenden Live- und einer stationären Studiobesetzung, die Zuständigkeiten aufgeteilt nach persönlichen Vorlieben und den wenigen verbliebenen finanziellen Verheißungen des Musikgeschäfts."

Strukturen im Umbruch
Zoot Woman zeigen damit, dass und wie die traditionellen Branchenstrukturen im Umbruch sind. Das neue Album wird zwar über die Infrastruktur von Universal Music vertrieben, der Musikkonzern fungiert aber nur als Dienstleister.

Tatsächlich erscheint "Things Are What They Used To Be" beim Berliner Minilabel Snowhite. In Großbritannien bringt die Band ihren dritten Longplayer sogar auf eigene Faust heraus. Unternehmerisch sind die Musiker auf Liveauftritte angewiesen: Mit Plattenverkäufen allein lässt sich ein Musikerleben heutzutage kaum finanzieren.

Michael Höck, ORF.at

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