Escada war in den 1980er Jahren die bekannteste Damenmodemarke der Welt. Durch hausgemachte Probleme und Managementfehler steckt das Unternehmen aber seit Jahren in Schwierigkeiten.
Sälzer als Sanierer gescheitert
Nach mehreren Vorstandswechseln kam im vergangenen Jahr der frühere Hugo-Boss-Chef Bruno Sälzer als Saniererer zu Escada, aber auch er konnte die Firma angesichts hoher Verluste und eines Schuldenbergs nicht mehr retten.
Sälzer hofft darauf, dass Escada auch nach der Insolvenz eine Zukunft hat. "Der Vorstand beabsichtigt, sein operatives Konzept zur Neuausrichtung von Escada dem vorläufigen Insolvenzverwalter vorzustellen", kündigte er an.
Erste Kollektion frisch vorgestellt
Sälzer hatte erst vor wenigen Wochen die erste Kollektion unter seiner Leitung vorgestellt, mit der er nach jahrelangem Frust wieder den Geschmack der Kundinnen treffen wollte. Unter seinen Vorgängern waren viele frühere Stammkundinnen abgesprungen, weil ihnen die Mode nicht mehr gefiel.
Im ersten Halbjahr des Geschäftsjahrs 2008/09 (31. Oktober) war der Umsatz bei Escada um 16 Prozent auf 248 Millionen Euro gesunken, der Verlust lag bei 91,7 Millionen Euro nach acht Millionen Euro im Vorjahreszeitraum.
Rettungsversuche bis zuletzt
Zuletzt hatte das Unternehmen versucht, die Pleite durch den Umtausch einer Anleihe abzuwenden und sich damit von einem großen Teil seiner Schuldenlast zu befreien. Das Angebot wurde nach Angaben des Unternehmens bis zum Ende der Umtauschfrist am Dienstag aber nur von 46 Prozent der Anleiheanleger angenommen. Damit wurde die angestrebte Quote von 80 Prozent deutlich verfehlt, die Insolvenz war nicht mehr zu vermeiden.
Sälzer bezeichnete das Ergebnis als bedauerlich, da Banken, Aktionäre und Mitarbeiter zuvor ihren Teil zur Restrukturierung beigetragen hätten. Die Gläubiger der Anleihe hoffen nun nach Einschätzung von Branchenkennern darauf, aus der Insolvenz heraus an mehr Geld zu kommen.
Allerdings ist unklar, ob es Interessenten für eine Übernahme von Escada oder den Kauf der Marke gibt, die weltweit immer noch einen hohen Bekanntheitsgrad hat.
Rasche Klärungen gefordert
Die Aktionärsvertreter forderten am Mittwoch die rasche Einberufung einer Gläubigerversammlung. Die Gläubiger hätten ein Recht darauf zu erfahren, wie das Konzept zur Neuausrichtung des Escada-Konzerns nach einer Insolvenz aussehen solle, teilte die Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK) in München mit.
Von Boss zu Escada
Für Sälzer ist der Fall Escada die zweite empfindliche Niederlage in kurzer Zeit. Jahrelang war er erfolgreich "Mister Hugo Boss" - bis er dort den Machtkampf mit den Eigentümern verlor. Nun hängt das Schicksal von Sälzer bei Escada ebenfalls am seidenen Faden.
Ob der 52-jährige Kämpfertyp an Bord bleibt, ist ungewiss. Die Zeichen sprechen aber tendenziell dafür.
Seit seinem Amtsantritt bei Escada vor gut einem Jahr stellte er dort alles auf den Kopf. Mit neuen Farben und Stoffen sollten die Kollektionen, die lange schlecht liefen und als altbacken galten, moderner werden. Die Geschäftsprozesse wurden automatisiert.
Wenig Zeit für Veränderungen
Das Problem: Veränderungen in der Modebranche brauchen Zeit. Und so musste der passionierte Läufer zuletzt weiter tiefrote Zahlen rechtfertigen. Neben hausgemachten Versäumnissen verschärfte die Konsumflaute die Lage - Escada ging das Geld aus.
Monatelang hatte Sälzer gegen die Pleite gekämpft, hatte Banken sowie Aktionäre zu Zugeständnissen bewegen können. Nur die Gläubiger einer 200 Millionen Euro schweren Unternehmensanleihe hatten partout nicht mitziehen wollen.
Damit fiel das Rettungskonzept in sich zusammen. Nun wird Sälzer seine Macht verlieren und bald ein Insolvenzverwalter das Sagen haben.
Machtkampf mit Permira
Beim Modekonzern Hugo Boss, den Sälzer 13 Jahre
lang prägte, hatte sich der Topmanager mit dem Finanzinvestor Permira angelegt. Dieser setzte gegen Sälzers Willen eine Sonderausschüttung durch, für die sich Hugo Boss verschulden musste.
Zuvor hatte Sälzer unter anderem bewiesen, wie aus einer schlecht laufenden Damenmodelinie bei Hugo Boss ein erfolgreiches Geschäft werden kann. "Er hat Hugo Boss zu dem gemacht, was es heute ist", sagte ein Kenner der Branche.
Ein Betriebswirt in der Modewelt
Sälzer startete - untypisch für die Modebranche - nicht als "Kreativer". Als Vertriebsvorstand war er 1995 zu Boss gestoßen, vorher hatte der studierte Betriebswirt unter anderem beim Kosmetikhersteller Beiersdorf gearbeitet. Im Jahr 2002 erklomm er als Nachfolger von Stardesigner Werner Baldessarini die Boss-Konzernspitze. Jetzt muss er sich gegen einen Insolvenzverwalter behaupten.
Auswirkungen auf Österreich?
Der Fall Escada spielt auch nach Österreich hinein. Die in Salzburg ansässige Escada Textilien-Vertriebs GmbH betreibt in Salzburg und am Wiener Graben zwei Filialen für betuchte Klientel.
"Die Gesellschaft weist ein negatives Eigenkapital in Höhe von 4,17 Millionen Euro aus", zitierte das "WirtschaftsBlatt" am Mittwoch aus dem Firmenbuch.
Das negative Eigenkapital resultiere aus einem Verlustvortrag von rund 4,5 Millionen Euro.
Die Schulden werden mit 8,17 Millionen Euro beziffert. Betrieben wird von Escada in Österreich auch ein Logistikzentrum im oberösterreichischen Reichersberg.
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