"In Notwehr verteidigt"

Die Polizisten berichten von einem "dynamischen Angriff".
Nach den tödlichen Schüssen auf einen 14-Jährigen in einem Kremser Supermarkt gehen die Aussagen des überlebenden 16-jährigen Einbrechers und der beiden Polizeibeamten immer weiter auseinander. Der 16-jährige Tatverdächtige hat ausgesagt, dass die tödlichen Schüsse gefallen seien, als er und sein Komplize flüchten wollten.

Werner Fetz vom ORF Niederösterreich telefonierte am Samstag mit dem Anwalt der beiden Polizisten, Rainer Rienmüller, und fragte ihn nach den Details der Vorgänge im Supermarkt aus Sicht der Polizisten. Beide gaben demnach übereinstimmend an, von mehreren vermummten Tätern angegriffen worden zu sein.

Diese hätten Kapuzen getragen, die Beamten hätten nur Augen erkennen können. Sie seien mit einer Stich- und einer Schlagwaffe attackiert worden.

"Lebensbedrohlicher Angriff"
"Sie haben sich in Notwehr verteidigt", hätten die Polizisten ausgesagt, so der Anwalt. In dieser Situation hätten sie den Entschluss gefasst, von der Schusswaffe Gebrauch zu machen. Der "sehr dynamische Angriff" sei "lebensbedrohlich" gewesen.

16-Jähriger berichtet nur von Flucht
Anders lautet die Version des in Untersuchungshaft befindlichen schwer verletzten 16-Jährigen. Dieser hatte bereits zuvor ausgesagt, er und der 14-Jährige hätten sich in einer Nische versteckt, als sie Schritte gehört hätten. Die Schüsse seien gefallen, als sie flüchten wollten.

Beamte hatten Taschenlampen
Der Anwalt der Beamten bestätigte unterdessen, dass der Angriff in einem Nebengang des Supermarkts stattgefunden habe, der mit Notbeleuchtung ausgestattet sei. Die Beamten seien mit Taschenlampen ausgerüstet gewesen.

Die genaue Rekonstruktion der Tat werde jedoch erst vor Ort stattfinden. Dort würden die Beamten weitere Details des Geschehens wiedergeben - mehr dazu in noe.ORF.at.

Entscheidung nächste Woche
Durch die Tatrekonstruktion könnte man Aufschluss über den genaueren Tatverlauf bekommen, sagte auch der zuständige Korneuburger Staatsanwalt Friedrich Köhl am Samstag.

In der kommenden Woche will die Staatsanwaltschaft entscheiden, ob und wann die Tatrekonstruktion stattfinden soll - mehr dazu in noe.ORF.at.

28-Jähriger bestreitet Beteiligung
Wenig Licht ins Dunkle dürften die Aussagen des dritten Tatverdächtigen bringen. Der 28-jährige Rumäne wurde am Freitag kurz vor 19.00 Uhr in Gföhl in seinem Wohnbezirk Krems festgenommen.

Er habe in der Folge nach einem Dolmetscher und einem Rechtsanwalt verlangt. Eine Beteiligung an dem Einbruch in den Merkur-Markt bestreitet er laut Polizei. Er habe mit der Tat nichts zu tun, so der Mann.

Was ist tatsächlich geschehen?
Was genau ist in den frühen Morgenstunden des 5. August im Merkur-Markt in Krems geschehen? Laut Ermittlungen der Kremser Polizei brachen die beiden Jugendlichen gegen 2.30 Uhr über eine Laderampe in das Geschäft ein. Sie seien auf der Suche nach Geld gewesen, soll der 16-Jährige später der Polizei gestanden haben.

Was die Jugendlichen zu dem Zeitpunkt noch nicht wussten, war, dass sie einen stillen Alarm ausgelöst hatten. Zwei Polizisten und ein Mitarbeiter des Marktes waren wenig später am Tatort.

Drei Schüsse gefallen
Dass drei Schüsse gefallen sind, gilt mittlerweile als sicher. Ein Schuss traf den 14-Jährigen in den Rücken, einer den 16-Jährigen, der sich noch im Krankenhaus Krems befindet, in beide Oberschenkel, und ein weiterer sei "höher angelegt" gewesen, wie die Kremser Polizei bestätigte.

Dass die Beamtin einmal und ihr Kollege zweimal gefeuert hatte, "könnte stimmen", wie die Polizei am Samstag bestätigte.

Vermummt und "bewaffnet"
Die Jugendlichen hatten bei dem Einbruch einen Schraubenzieher und eine Gartenharke bei sich. Sie seien demnach "im technischen Sinn" bewaffnet gewesen, nicht jedoch nach dem Waffengesetz, erklärte der Kremser Erste Staatsanwalt Friedrich Kutschera. Auch seien sie mit Tüchern und Kappen vermummt gewesen.

Bruder verprügelte Fotografen
Bestätigt wurde am Samstag, dass der Bruder des getöteten 14-Jährigen in einen Fall von Körperverletzung am Donnerstagnachmittag vor dem Merkur-Markt involviert war. Er soll einen Fotografen niedergeschlagen haben, der ins Krankenhaus eingeliefert werden musste.

Der Beschuldigte wurde vorerst noch nicht einvernommen. Seine Befragung werde "wegen der derzeitigen Situation erst später durchgeführt", teilte die Polizei am Freitag mit.

"Ich habe eigentlich recht freundlich mit ihm geredet, mit Mitgefühl natürlich, und war dann ganz baff, dass er so reagiert, einfach so, direkt mit der Faust", berichtete der verletzte Fotograf. Das Opfer erlitt schwere Gesichtsblessuren und einen Jochbeinbruch - mehr dazu in noe.ORF.at.

Gerüchte über weitere Mittäter
Als "vage" bezeichnete die Polizei am Samstag, dass es neben dem getöteten 14-Jährigen, dem verletzten 16-Jährigen und dem 28-Jährigen noch weitere Mittäter bei dem Einbruch gegeben haben könnte. Gerüchten, die in der Lerchenfeld-Siedlung in Krems kursierten, werde jedenfalls nachgegangen.

Auskünfte zur Vernehmung der Beamten obliegen der Staatsanwaltschaft Korneuburg. Hinsichtlich des Einbruchs selbst und auch der Befragung des verdächtigen 28-Jährigen ist die Staatsanwaltschaft Krems zuständig.

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