Kinderchor und tanzende Tröpfchen

Eine ungewöhnliche Kampagne bewegt Brasilien.
Die brasilianische Umweltorganisation SOS Mata Atlantica hat sich viel vorgenommen. Sie will ein Tabu brechen und dadurch zur Rettung des Regenwaldes beitragen.

Das Anliegen der NGO ist Wassersparen: "Xixi no banho", was als "Schischi nu Baniu" ausgesprochen wird und nichts anderes heißt als "Lulu ins Bad!", wobei hier das Pinkeln in der Dusche gemeint ist. Aber wie das im ersten Moment ungustiöse Anliegen an die Frau und den Mann bringen?

Kultvideo mit Pinkelfiguren
Die Umweltschützer entschieden sich für eine Feel-good-Kampagne, in deren Zentrum ein Video steht. Lustige Figuren, darunter Aliens, King Kong und Elvis, pinkeln schattenrissartig hinter einem transparenten Vorhang in der Dusche.

Dazu singt ein Kinderchor den Refrain "Pinkle in der Dusche!" und erklärt nebenbei, dass viel Wasser bei jeder Klospülung verloren geht und so dem Regenwald abhandenkommt. Wichtige brasilianische Tageszeitungen wie "Folha de S. Paulo" und "Jornal do Brasil" berichteten darüber.

Das Video hat Kultstatus, wurde bereits von Hunderttausenden in YouTube gesehen, kommentiert und abgewandelt - und das, obwohl die Kampagne erst im Mai startete.

Umfrage: 72 zu 28
Ähnlich wie das Video ist auch die Website der Umweltschützer gestaltet. Lulu- und Wassertropfen tanzen herum, in einfachen Grafiken wird erklärt, wie unglaublich viel Wasser sich durch das Urinieren in der Dusche sparen lässt.

Auch eine Umfrage wird online durchgeführt: "Pinkelst du in der Dusche?" Am Freitagnachmittag ergab sich ein Verhältnis von 72 zu 28. 72 Prozent der Menschen gaben demnach freimütig zu, im Badezimmer die Notdurft zu verrichten. Selbstverständlich muss man davon ausgehen, dass jene, die eine solche Website besuchen, dem Vorschlag eher positiv gegenüberstehen als der Durchschnittsbürger.

"Ernstes Thema"
Die Aktion sei vielleicht etwas ungewöhnlich, sagt ein Sprecher der Umweltorganisation. Aber man nähere sich auf diese Weise "scherzhaft einem ernsten Thema", gibt "Welt Online" ein Zitat wieder.

Die Umweltschützer rechnen vor, dass ein Haushalt, wenn nur ein einziges Mal pro Tag das Spülen der Toilette ausgelassen wird, im Jahr bis zu 4.380 Liter Wasser gespart werden können.

WWF: "Pauschallösungen wenig hilfreich"
"Welt Online" hat dazu den Sprecher von WWF Deutschland, Christian Plaep, befragt. Er äußerte sich skeptisch, vor allem, was die Sinnhaftigkeit einer solchen Aktion in unseren Breiten betrifft: "Kein Wasserproblem lässt sich dadurch lösen, dass Menschen unter der Dusche urinieren."

Das weltweite Wasserproblem sei wesentlich umfangreicher. "Pauschallösungen sind da wenig hilfreich", sagt Plaep. "Es gibt auf der Welt auch nicht zu wenig Wasser, es ist nur durch Mangelwirtschaft schlecht verteilt."

"Niemand muss in die Dusche pinkeln"
Häufigstes Problem sei, so Plaep gegenüber "Welt Online", dass man sich den Gegebenheiten nicht anpasse, Wasser verschwende oder es verunreinige. "Brasilien zum Beispiel hat vor allem ein Problem damit, Schmutzwasser zu reinigen, bedingt durch mangelhafte Filteranlagen."

Der WWF-Sprecher rät deshalb zu einem sorgsamen Umgang mit Wasser - in die Dusche pinkeln müsse aber niemand. Viel wichtiger sei es, regionale Produkte zu kaufen, etwa bei Obst und Gemüse.

Die goldenen Regeln für Duschpinkler
Wer sich dennoch dafür entscheidet, in die Dusche zu pinkeln, für den stellte eine Journalistin des britischen "Guardian" hilfreiche Regeln auf.

Zunächst einmal soll man erst beginnen, wenn das Wasser schon läuft - damit der Urin nicht undurchmischt die Wanne oder Duschtasse berührt. Dennoch ist es klug, eher zu Beginn des Duschvorganges zu pinkeln, weil dann noch möglichst lange Wasser nachfließt.

Schließlich sollte man aus Anstandsgründen nur zu Hause dem Duschpinkeln frönen, niemals bei Freunden und schon gar nicht an öffentlichen Orten. Beachtet man all das, kann eigentlich nichts mehr schiefgehen.

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