Löw, zwischen 1512 und 1526 geboren, gilt als einer der wichtigsten Gelehrten in der Geschichte des Judentums - und er steht wie keine andere historische Figur für das mystische Prag.
Das Wesen aus Lehm
Auf ihn geht die weltberühmte Legende vom Golem zurück: Der Rabbi soll eine Lehmfigur geschaffen haben, die er schließlich zum Leben erweckte, um die jüdische Gemeinde Prags vor antisemitischen Angriffen zu schützen.
Das Golem-Motiv selbst tauchte in der einen oder anderen Form schon lange vor Löws Zeit auf. Erst ab etwa 1840 wurde es mit dem Prager Oberrabbiner in Verbindung gebracht, etwa in "Galerie der Sippurim", einer vom österreichischen Verleger Wolf Pascheles herausgebrachten Sammlung jüdischer Erzählungen und Volkssagen.
Mystische Kräfte
Der Rabbi habe zum Schutz des von Pogromen bedrohten Prager Ghettos in der Josefstadt das Lehmwesen zu seinem Diener gemacht. Ermöglicht hätten ihm das mystische Kräfte und das Geheimwissen darüber, wie Gott Adam erschuf.
Weil es meistens nicht gutgeht, wenn Menschen göttliche Ambitionen haben, läuft der Golem in den meisten Versionen der Legende am Ende Amok und muss durch Rabbi Löw wieder zerstört werden.
Rettung vor den Verfolgern
Dennoch ist der Golem so etwas wie ein jüdischer Superheld, eine fiktive Retterfigur, die sich zwangsläufig als kulturelle Reaktion auf die Judenverfolgung im Mittelalter und der frühen Neuzeit ergeben hatte.
Judah Löws Leben fällt beispielsweise in jene Zeit, in der der "Hexenhammer" enorme Verbreitung fand, die Hetzschrift, mit der auch Judenverfolgung im Zuge der Inquisition gerechtfertigt wurde.
Wegeners legendäre "Golem"-Trilogie
Die Legende ist als jüdisch-okkulte Version von "Frankenstein" bis heute eine wichtige Inspiration für fantastische Literatur und Filme. Der berühmteste Roman ist wohl Gustav Meyrinks "Der Golem" aus dem Jahr 1915.
Kurz danach sorgte Paul Wegener mit einer Filmtrilogie für Furore. Nur "Der Golem, wie er in die Welt kam" aus dem Jahr 1920 ist davon erhalten und gilt als absoluter Klassiker des expressionistischen deutschen Stummfilms.
Von Lem bis "Akte X"
Ein Golem taucht bei Stanislaw Lem ebenso auf wie bei Terry Pratchett und in japanischen Animes, er ist das Thema einer Folge der Fernsehserie "Akte X" und die Inspiration für unzählige Comic- und Science-Fiction-Figuren.
"Ich bin im Bezug auf die Legende vom Golem frustriert, ähnlich wie bei Kafka: Die Leute kaufen an jeder Straßenecke seine Souvenirs, aber seine Bücher lesen sie nicht", sagte der tschechische Landesoberrabbiner Karel Sidon jüngst der "New York Times". Rabbi Löws Vermächtnis stehe im Schatten der populären Geschichte.
In Posen oder Worms geboren
Über die Geburtsdaten des Rabbiners gibt es keine einheitlichen Quellen. Der spätere Rabbi dürfte im polnischen Poznan (Posen) oder im deutschen Worms geboren worden sein. Sein Onkel Jacob Löw war Reichsrabbiner im Heiligen Römischen Reich.
Judah Löw schlug eine ähnliche Laufbahn ein. Zwei Jahrzehnte lang war er in Mikulov (Nikolsburg) in Mähren Rabbi und Oberrabbiner. Erst später kam er nach Prag, wo er erst eine private Talmudschule leitete. Nachdem er zweimal nicht zum obersten jüdischen Lehrmeister gewählt wurde, ging er für einige Jahre zurück nach Polen.
Mit 80 zum Oberrabbiner gewählt
1597 wurde Löw schließlich doch Oberrabbiner in Prag, im Alter von etwa 80 Jahren. Man nannte ihn Maharal, abgekürzt für "Moreinu ha-Rav Loew" ("Unser Lehrer Rabbi Loew").
Löw starb am 17. September 1609. Sein Grab auf dem alten jüdischen Friedhof im Prager Stadtteil Josefstadt ist bis heute erhalten und eine bekannte Sehenswürdigkeit.
Rabbi trifft Kaiser
In der Schau "Pfad des Lebens" in der Prager Burg, in der auch Exponate aus dem Kunsthistorischen Museum Wien zu sehen sind, wird Loews tatsächliche Biografie ebenso aufgerollt wie die zahlreichen Legenden, die sich um ihn ranken.
Neben der Golem-Legende geht es dabei vor allem um das geheimnisumwobene Treffen des jüdischen Gelehrten mit Kaiser Rudolf II. im Jahr 1592. Der Kaiser bat Löw zu sich, heißt es in einer Chronik des jüdischen Historiker David Gans, und "sprach mit ihm von Angesicht zu Angesicht, wie zu einem Freund".
"Und die Art und Weise ihrer Worte waren geheimnisvoll, verschlossen und verborgen." Rudolf II. wurde streng katholisch erzogen, soll als Kaiser aber keine Religion mehr ausgeübt und sich sehr für die Kabbala interessiert haben.
Links:
- Prager Burg
- Judah Löw (Wikipedia)
- Golem (Wikipedia)
- New York Times